In meiner Studienzeit war viel vom „Elevator-Pitch” die Rede; wir sollten uns bereit machen, ins Ohr der Macht zu flüstern, falls sich die Gelegenheit einmal bot. Kurios eigentlich, angesichts einer Branche, in der kaum jemand einer persönlich vorgetragenen Idee vertraut. Aber meine Skepsis damals war grundsätzlicher: Zu viele der Filme, die mir gefielen, hätten sich in den drei Minuten bis zur 40. Etage nicht erzählen lassen, dachte ich, oder jedenfalls nicht so, dass das Wesentliche berührt worden wäre.
Seinerzeit war ich davon überzeugt, dass das Kino gerade dort zu sich findet, wo es nicht einer Geschichte dient, sondern sich ganz den Essenzen überlässt: Bilder, Töne, Blicke, Gesten – ohne „außerfilmische“ Absichten, frei. Inzwischen bin ich aufgeschlossener für’s storytelling, aber dass sich nicht alles, was im Kino Sinn ergibt, beschreiben (oder „pitchen”) lässt, ist ein Übersetzungsproblem, das sich als „Bremsspur” in der Kinogeschichte deutlich ablesen lässt – Projekte, die sich gut lesen lassen, haben in den Bürokratien des Films seit jeher die besseren Chancen.
Aber zurück zum Aufzug: inzwischen habe ich verstanden, dass der einzige „Elevator-Pitch“, auf den es wirklich ankommt, nicht Produzent und Regisseur, sondern potentielle Zuschauer verbindet. Auf dem Weg zur Schule, in die Uni oder zur Arbeit kann man originelle Plots, verrückte Besetzungscoups, unter Umständen auch radikale ästhetische Konzepte als Gesprächsstoff gut gebrauchen, die sich dann auf der Heimfahrt, am Spielfeldrand oder während der Zoom-Konferenz zu einem Sehen-wollen ausdehnen.
Schon gehört? Es gibt jetzt einen Film, der ... besteht nur aus einer Einstellung / da spielt ein Schauspieler alle Hauptrollen / da begeht jemand einen Diebstahl im Traum eines anderen ... Auch wenn ich diese Originalismen manchmal nervtötend finde: nur solche Ideen lassen den Funken überspringen, die sich mit etwas Unerhörtem, Neuem, in der eigenen Fantasie fortsetzen.
Regisseure wie Hitchcock, Kubrick, Spielberg usw sind Meister nicht nur der filmischen Form, sondern auch im Pflanzen solcher Ideen. Stell dir vor, die Vögel würden sich gegen die Menschen verschwören … stell dir ein Raumschiff vor, gesteuert von einem Computer, der die Mission der Reise geheim hält … stell dir ein Kind vor, das einen Alien findet und im Kinderzimmer versteckt …
High Concept Filme, mit Plot-Ideen, die auf den berühmten Bierdeckel passen, sind die eine Möglichkeit. Aber auch mit einer bestimmten Art von Idiosynchratismus kann man im Publikum Fäden ziehen - Wes Anderson, Quentin Tarantino oder Pedro Almodovar sind aktuelle Beispiele dafür. Der Wettbewerb in Cannes besteht beinahe nur noch aus solchen „Marken”.
Das kann man beklagen – der ästhetische Autopilot von Wes Anderson zum Beispiel interessiert mich immer weniger – aber zugleich muss ich anerkennen, dass Filme ohne diese ins Fell gebrannten Besitzanzeigen Schwierigkeiten haben, sich in unserer übervollen Bilderwelt durchzusetzen.
Siehe auch: Play it again!
"Projekte, die sich gut lesen lassen, haben in den Bürokratien des Films seit jeher die besseren Chancen." 10 Jahre in einer kleinen Filmförderkommission gesessen und finde das den besten Satz des Monats.
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