26 Dezember, 2016

Krabbeneimer

Natürlich, man kann auch ganz ohne Preise erfolglos sein, aber die Kombination aus „ausgezeichnet” und „arbeitslos” hat eine schönere Pointe. Sind Preise eine Garantie für Misserfolg? 

Dass es Berührungsängste gibt mit den Ausgezeichneten, eine gewisse Karenzzeit lang, hört man immer wieder. Vielleicht glauben manche, der oder die Geehrte sei mit dem Preis so gefragt oder anspruchsvoll geworden, dass man nur mit ganz besonderen Projekten und überdurchschnittlichen finanziellen Bedingungen anklopfen dürfe.

Aber das stimmt nicht, sagt zum Beispiel ..., der auf einen Anruf wartet, seit er ... und ... in Folge gewonnen hat. Für mich gehört er zu den größten Könnern hierzulande, mehr noch, zu jener Handvoll europäischer Meister, die visuelle Maßstäbe setzen. Wie kann es sein, dass er keine Angebote bekommt? 

Es gibt größere Ungerechtigkeiten. Aber womöglich ist der „Fall” ... symptomatisch: Nicht so sehr für die vielzitierte Deutsche Neidkultur als für jene (scheinbar) demokratische Idylle, die von keiner Hervorhebung gestört werden will. So lange keiner über den Rand des Krabbeneimers kommt, muss sich niemand in seiner Mittelmäßigkeit angegriffen fühlen.

Die Idee eines Siegers in der Kunst sei absurd, hat Maren Ade bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises richtig angemerkt - aber das heißt ja nicht, dass es keine schlechte Kunst gäbe. 

Kurz gesagt leidet der deutsche Film noch immer unter falscher Bescheidenheit. Unserem Kino fehlen die feurigen Angeber so sehr wie die strengen Asketen; wir sitzen zu nahe beieinander, mit Beißhemmung aber ohne echte Zuneigung.

01 Dezember, 2016

Bewegung gegen Bewegung (3)

© Barbara Kruger 

Das Kino liebt die Tat, schlägt sich auch dann noch auf die Seite der Bewegung, wenn sie keine guten Gründe hat, vielleicht, weil ein Medium, das auf die Trägheit unserer Augen baut, den Stillstand fürchten muss. 

Im wirklichen Leben fällt uns der Aufbruch schwerer, auch als ungebrannte Kinder scheuen wir das Feuer und sind alle „stark genug, das Unglück anderer zu ertragen”, wie La Rochefoucauld einmal geschrieben hat.

Und dennoch: Wäre die Welt nicht friedlicher, wenn so mancher auf dem Sofa sitzen bleiben würde? Ist Reife nicht oft einfach nur: Trägheit? Und Reflexion die Verteidigung derselben? Demnach wäre der Film ein Friedensbringer, weil die Bewegungsillusion den Bewegungsdrang vermindert.


Ich sehe eher ein Nullsummenspiel. Ein guter Film entfaltet seine Wirkung im Leben, nach dem Sehen. Aber wer dem Film nicht auf halber Strecke entgegenkommt, hat Lebenszeit verloren.