27 Februar, 2007

Cropduster

Die „erwartete Begegnung” gehört zu den suggestivsten Standardsituationen des Kinos - aber nie ist sie hinreissender gestaltet worden als in „North By Northwest” (Alfred Hitchcock, 1959). Könnte man einen ganzen Film so erzählen?

Und was, wenn das Flugzeug am Ende ausbliebe?








25 Februar, 2007

Jungbrunnen

Francis Ford Coppola hat einen neuen Film gemacht, der Gerüchten zufolge in Cannes Premiere haben wird. „Youth Without Youth” basiert auf dem rumänischen Roman „Tinerete fara de Tinerete” von Mircea Eliade und handelt von einem Mann auf der Flucht, der von einem Blitz getroffen wird und in Folge jünger und jünger wird. Die Hauptrolle spielt Tim Roth, in weiteren Rollen sind Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara und André Hennecke zu sehen.

Coppola schreibt auf der offiziellen Webseite (www.ywyfilm.com) über das Verhältnis von Jugend und Begabung und spekuliert darüber, warum bestimmte Künstler ein Leben lang produktiv sind, andere aber nur für eine relativ kurze Zeit. Zu Letzteren zählt er sich übrigens selbst, wobei das Projekt, sein erstes seit 10 Jahren, offensichtlich als Verjüngungskur gedacht ist.

Auszüge aus Coppolas Tagebuch:

„I've been thinking about what seems to be a repeating pattern: artists who distinguish themselves when they are young, and then never can quite reach those levels again.”

„What could be the reason that the same person, later in life, is unable to compete with himself as a younger artist? Is anything missing at all, or is the answer simpler — that each person is given only one or two truly worthy ideas, like a couple of arrows in a quiver.”

„Originally, I didn't intend to make more than one Godfather film; yet economic forces at the studio were insistent: "Francis, you have the formula for Coca-Cola; are you not going to make more?" But the first film expended most of the arrows in my quiver or, more aptly, the slugs in my revolver. So, the second film had to stretch into new and more ambitious territory to show a few more; otherwise, it would have been weaker than the first. By the time the third arrived, the basic ideas that made the first fresh and excited were all but used up.”

„I've begun to think that the only sensible way to deal with this dilemma is to become young again, to forget everything I know and try to have the mind of a student. To re-invent myself by forgetting I ever had any film career at all, and instead to dream about having one.”

„I've decided the best course is to become an amateur and accept that I know next to nothing and love almost everything. Recently I realized that the favorite decade of my life was 50, a wonderful age for a man — at—he peak of his health and experience, yet flexible enough to enjoy and also temper it. So reluctant was I to give up being in my fifties, that I began to call myself 'fifty-ten' or 'fifty-eleven '. Now I'm 'fiftysixteen'. And so today, like some inflated East European currency that gets two zeros lopped off, I've decided to lose the '50' and just be sixteen. Next year I'll be seventeen, which is exactly the age that I was when I very seriously began to direct plays.”

24 Februar, 2007

Restricted Reality














In den USA fordert eine neue Kampagne, Rauchen nur noch in Filmen mit R-Rating („Under 17 requires accompanying parent or adult guardian.”) zu erlauben. Wohlgemerkt: Das Bild vom Rauchen. Raucher auf der Leinwand. Davon abgesehen, dass die Zigarettenindustrie natürlich gierig und böse ist, scheint mir der Vorschlag auf eine interessante Art wahnsinnig zu sein.

Auf den ersten Blick klingen die Argumente vernünftig: Das Rauchen sei in Filmen überrepräsentiert - und habe im Kino seit den 50er Jahren zugenommen, obwohl die Zahl der Raucher in Wirklichkeit abgenommen habe. Und natürlich schockiert der Verweis auf die Summen, die die großen Tabakfirmen für Product Placement und Werbung einsetzen. Ohne Zweifel ein skandalöser Zusammenhang.

Verlängert man aber das Argument statistisch angemessener Repräsentation in die Filmpraxis, landet man direkt bei einer Dramaturgie der Videoüberwachung. Wobei die Forderung ja noch darüber hinausgeht: Keine schädlichen Handlungen in Filmen für Teenager, zumindest keine mit Zigaretten. Das läuft auf ein visuelles Neusprech hinaus: Eine Sprache, in der sich Alternativen nicht ausdrücken lassen.

Ironischerweise erhebt der Regisseur Thom Andersen in seinem Film „Los Angeles Plays Itself” ähnliche Forderungen, wenn auch aus entgegengesetzten Motiven. Er fordert im Bezug auf die räumliche Repräsentation einen „wörtlichen” Film - und unterstellt der filmischen Grammatik des Hollywoodfilms eine „Aggression” gegen Raum und Zeit.

Charles Burnett, Regisseur des wunderbaren „Killer Of Sheep” (1977), erzählte auf der Berlinale, dass er auch deshalb einen Film über das „alltägliche Leben” in Watts machen wollte, um mit der Reduzierung der schwarzen Armenviertel auf Gewalt und Drogen zu brechen.

Dahinter steht offenbar die Erfahrung im „Movieland”, dass Bilder gefährlicher sind als die Sache selbst.

21 Februar, 2007

e-cahiers

Die Cahiers du Cinéma gehen mit der Zeit und bieten jetzt auch eine elektronische Ausgabe an. In der Nullnummer kann man (vorerst kostenlos) virtuell blättern und findet viele Texte auch in englischer Übersetzung.

http://www.virtuel-book.com/cdc/cdc00/

Für alle, deren Schulfranzösisch auf kärgliche Reste geschrumpft ist, eine gute Gelegenheit, der Legende direkt ins Gesicht zu sehen. Die wenig überraschende Folge für mich: Entzauberung.

Wenn mir bisher ein Thema besonders anziehend erschienen war, habe ich mit viel Mühe wenig verstanden. Immer blieb ein Nebel sphärischer Intelligenz zurück, ein Niveau der Reflexion, das über meinen Horizont ging. Auf diese Weise blieb die Legende intakt.

Vielleicht läßt sich das Französische einfach nicht ins Englische übertragen - aber aus dem Nebel der Intelligenz ist einfacher Nebel geworden und die hartnäckige Neugier hat sich verflüchtigt...

Das Unbezahlbare

Das Ziel aller Anstrengungen muss das Unbezahlbare sein.

08 Februar, 2007

Demut

Wenn es in der Kunst (und im Leben) darum geht, zur Demut zu gelangen, „sich zum Werkzeug Gottes zu machen”, dann ist der Vorsatz, als Erzähler einer Geschichte zu dienen, noch immer die beste Möglichkeit, über die eigene Subjektivität hinaus zu gelangen. Der Weg zur Transzendenz führt über (und in) die Form, und nur eine hinreichend alte Form wird die notwendige Autorität mitbringen, den Künstler selbstlos zu machen. Dabei geht es (wie bei bei einem Gebet etwa) nicht darum, dass die Form, die Regel, für sich selbst irgendeinen Sinn ergibt. Vielmehr liegt ihr Sinn in der Haltung, in die sie mich zwingt.

*

Das ist übrigens weder ein Plädoyer für religiöse Filme, noch für „klassische” Erzählweisen. Aber für jeden Film stellt sich die Frage nach der Einheit. Was hält die Dinge zusammen? Ich glaube, die wenigsten Filmemacher sind in der Lage, alles über ihre Empfindung zu binden, ohne jedes andere „Gesetz”. Ein Film wie SERKALO scheint in diese Richtung zu gehen, bei Weerasethakul gibt es sehr freie Momente. Aber wir Anderen brauchen ein Gefäss, das geeignet ist, unser flüchtiges Wesen zu tragen - eine Struktur, eine Regel, die nicht nur den Plot oder die Empfindung des Zuschauers „organisiert”, sondern zuerst einmal unsere Fantasie, unsere Erfahrung.

Ab wann eine Geschichte eine Geschichte ist, und nicht nur ein Haufen von Ereignissen, läßt sich schwer beantworten. Ich weiss nur: Eine gute Geschichte entwickelt Gravitation, in einem kleinen Universum der Bezogenheiten, und hat damit, in der Gesamtschau, auch eine Moral.

Keine Erzählung ohne Deutung...