05 August, 2022

Family of Shots


Einerseits habe ich mich als Zuschauer oft von allzu offensichtlichen ästhetischen Konzepten frustrieren lassen - alles in einer Einstellung, alles als POV erzählt, alle Farben gefangen in einem Schema usw - und immer für eine Differenzierung plädiert, die der Stoff und seine Besonderheiten diktieren oder die der Zufall oder die Eingebungen aller Beteiligten dem Filmemacher bescheren. 


Andererseits erscheint mir beim Machen ein Leitbild wünschenswert, auch weil die heiße Küche unserer Drehbedingungen ein Abwägen und Ausprobieren oft nicht erlaubt. Deshalb schreibe ich für meine Filme meistens eine Art Leitfaden oder Vis Guide, in dem steht, welche Mittel wie zum Einsatz kommen sollen. Ich habe die (paradoxe) Erfahrung gemacht, dass man umso freier arbeiten kann, je klarer die Setzungen sind.


Nicht zufällig sind mit Ozu und Hitchcock zwei Regisseure weit oben auch in meinem Pantheon, deren shot design so wiedererkennbar und systematisiert erscheint, dass sich das hochbeinige Wort von der „Filmsprache“ vielleicht rechtfertigen ließe. 


Es muss kurz gesagt darum gehen, eine eigene Konvention hervorzubringen, die offen ist für Überraschungen und zugleich zusammenhängend, eine moderne „family of shots“ in fragiler Balance zwischen den eigenen Setzungen und dem, was sich in der Konstellation der Spieler in Raum und Zeit konkretisiert.



Die Seiten 10 und 12 aus Harold Michelsons Storyboard für Hitchcocks MARNIE.



So habe ich es im ABC beschrieben:

„Die einzelnen Einstellungen müssen nicht gleichberechtigt, aber miteinander verwandt sein. Eine Familienähnlichkeit ist erwünscht. Eine Einstellung folgt aus der Anderen, die Totale ist Mutter kleinerer Größen oder umgekehrt.”

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