Heute (20.03.2012) ist in der Berliner Zeitung (und dem Schwesterblatt Frankfurter Rundschau) ein kleiner Text von mir zu lesen, passend zur Debatte um Sinn und Unsinn der Kultursubventionen. Der Auftrag lautete, über die „Ideale Förderung?” nachzudenken, mit besonderem Augenmerk auf das Fragezeichen.
Sehr guter Artikel!
AntwortenLöschenIch habe auf youtube ein Interview mit Christan Petzold gesehen, in welchem er davon spricht, das die Finanzierung seiner Filme seit 3,4 Jahren kein Problem mehr darstelle, und das er das Gejammere der anderen nicht mehr hören könne usw. Ich fand das ganz schön krass formuliert.
AntwortenLöschenIch kann mir beispielsweise vorstellen das ein wie ich finde grossartiger Film wie "Im Schatten" nicht sehr erfolgreich im Kino gelaufen sein dürfte ( auch ich habe ihn nur auf DVD gesehen ).
Für Thomas Arslan ist es vielleicht nicht so leicht Filme finanziert zu bekommen wie für Petzold.Den weniger erfolgreichen Filmemachern gegenüber fand ich das, na ja, etwas......seltsam.
Wie ist das für dich? "Unter dir die Stadt" lief ja immerhin in Cannes und hat gute Kritiken bekommen. Macht das die Filmförderung leichter?
Und findet jemand Barbara auch nicht soo gelungen wie ich?
Und hat nicht Fassbinder einfach Filme gemacht, ohne auf die Filmförderung zu warten? Ginge das heute noch?
Fragen über Fragen
Liebe Grüsse
Benny
Schwierigkeiten, einen Film zu finanzieren, gibt es immer wieder, in jedem System, zu allen Zeiten, für uns wie für die großen Meister, von Orson Welles bis Luchino Visconti. Selbst Hitchcock, einer der erfolgreichsten Regisseure aller Zeiten, musste PSYCHO mit kleinem Team in s/w drehen, weil das Studio nicht an den Film geglaubt hat.
AntwortenLöschenWas UNTER DIR DIE STADT betrifft: ja, er lief (wie auch FALSCHER BEKENNER) in 'Un Certain Regard', aber das hat nur wenig Einfluss auf die Finanzierung. Die Kritiken bei der Premiere waren, for the record, sehr durchwachsen, und überwiegend negativ. Zum dt. Filmstart ein Jahr später dann hat sich der Wind spürbar gedreht, warum auch immer.
Wir sind aktuell im Prozess, ein neues Projekt zu finanzieren - wie langwierig das wird, muss man sehen.
Fassbinders unglaubliche Produktivität und die Bedingungen, die sie ermöglicht haben, lassen sich nicht in drei Zeilen darstellen. Aber sicher ist, dass sie ohne die regelmässige und offenbar auch relativ unkomplizierte Unterstützung durch das Fernsehen nicht möglich gewesen wäre. Dass viele seiner Filme ausserdem sehr billig waren, hat sicher geholfen.
Zu BARBARA müsste man sich länger unterhalten. Aber die Zustimmung zu dem Film liest sich ein bisschen gleichgeschaltet, finde ich. Das hat Christian nicht verdient!
Grüße,
C
Ich wollte hier auch auf keinen Fall zum Christian Petzold Bashing aufrufen. Ich bin großer Fan seiner Filme und seit "Gespenster" treuer Kinogänger.
AntwortenLöschenBei "Barbara" störte mich ein wenig, das dem differenzierten Portrait des Ostens, ein Westen voller Klischees entgegen gesetzt wurde.
Der West-Freund fährt natürlich Mercedes und gemeinsam blättert man dann im Quelle Katalog, und hängt nach der Flucht seine Arbeit an den Nagel. Das fand ich etwas schwach.
Schauspieler und Inszenierung allerdings wie immer wunderbar.
Eben ein zweites mal "Unter dir die Stadt" gesehen.
Unglaublich tolle Musik, wunderbare Kamera und großartige Schauspieler
Christian Petzold hatte ein interessantes Argument eingebracht: Dass das Gejammere über die Filmförderung ein Mechanismus sei, um von der eigenen Abhängigkeit vom System abzulenken.
AntwortenLöschenDas mag zum Teil stimmen, ansonsten sind ja wie beschrieben die "Beißhemmungen" bzw. der Neid wohl am weitesten verbreitet.
Zur Frage nach der "idealen Förderung" steht ja leider wenig im Artikel. Ist es die vornehme Zurückhaltung des Geförderten, dem geschenkten Gaul keine Grundsatz- oder auch Detailkritik entgegen bringen zu dürfen?
Und weil es immer leichter ist, die fehlende Kritik zu kritisieren, als sie selbst zu leisten, skizziere ich mal ein paar Punkte:
Tatsächlich ist ja der größte Teil der Filmförderung eine Wirtschaftsförderung (auch Struktur- und Standordförderung genannt), die sich aus u.a. EU-rechtlichen Gründen das Kulturmäntelchen überzieht. Ich würde mir da mehr Ehrlichkeit wünschen, nicht nur von den Filmemachern (Bestseller-Verfilmungen sind eben das: wirtschaftliche Unternehmen, da braucht man nix schönreden). Also: Die Wirtschaftsförderung, die nach sachlichen Kriterien organisiert wird, braucht sich nicht irgendeinen anderen Anstrich zu geben. Wenn aber künstlerische bzw. kulturelle Maßstäbe eine Rolle spielen, zB bei der automatischen Referenzförderung, dann sollte das doch sehr viel strenger ausgelegt werden. Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden, die hier eine Schlüsselrolle spielt, tritt allerdings aktuell sowohl als Bittsteller auf (sie wird von den Filmverleihern finanziert und bemüht sich gleichzeitig um Marketing und Pressearbeit zwecks Außenwahrnehmung, um die Existenz zu sichern oder zu verbessern) und ist dann aber auch Richter, was "wertvoll" genug ist, um leichter an Fördermittel zu kommen. Das kann so nicht funktionieren. Unsicher bin ich mir angesichts der verzwickten Lage, dass ein Großteil der kulturellen Filmförderung des BKM über den Deutschen Filmpreis vergeben wird - und der BKM ansonsten vergleichweise zu geringe Subventionssummen verteilt. Die Radikalisierung, die C.H. von den Filmemachern wünscht, wäre vielleicht eine, die man vom Fördersystem verlangen sollte? Obwohl die Befürchtung naheliegt, dass das zum klaren Nachteil der Kunstförderung ausfallen würde?
Danke für den Kommentar. Es stimmt natürlich, dass mein Text keine befriedigende Antwort auf die Frage nach der idealen Förderung gibt ... Eine ideale Förderung kann es wahrscheinlich nicht geben (ideal wäre, wenn es keine geben müsste) aber ein paar Eckpunkte lassen sich aus meinem Text schon herauslesen, denke ich. Letztlich kann man nur kulturelle Förderung rechtfertigen, aber eine solche brauchbar zu definieren ist schwer (und notwendig eine Frage des Menschen- und Gesellschaftsmodells) und sprengt den Rahmen eines Feuilleton-Artikels. Überhaupt ist es nicht einfach, Empfehlungen zu geben, die glaubwürdig den Output verbessern würden - die Kunst ist unzuverlässig und also muss es wohl auch die Förderung sein...
AntwortenLöschenGrüße,
C
Ja, in dem Text gibt es einige wichtige Stellungnahmen und auch ehrliche (Selbst-)Kritik. Nur im Konkreten, im Namen nennen und im Empfehlungen geben, da fehlt ein Stück. Ich habe aber großes Verständnis für den Mangel, auch weil ich den Eindruck habe, dass unser heutiges System schon um vieles besser ist, als die Filmförderung vor zwanzig Jahren. Aber, ich spitze mal zu, die Beißhemmung bleibt auch bei der Ausnahme?
AntwortenLöschenUnd dann gibt es auch noch ein kleines Detail in Form unseres Grundgesetzes, das Kunstfreiheit vorschreibt. Jede Förderung, die nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt, muss sich daher den Vorwurf gefallen lassen, verfassungsunkonform bestimmte Vorstellungen von Kunst zu bevorzugen. Deswegen wird die Entscheidung auch an "repräsentative" Gremien vergeben. Ob aber die Filmakademie repräsentativ ist (oder auch andere Vergabegremien) ist nur die eine Frage. Ist Repräsentativität überhaupt etwas Gutes, wenn es um Kunst geht? Mir liegt persönlich viel am Nichtrepräsentativen.
Gruß, F.
@jentsch:
AntwortenLöschenDeine übertriebene Vorsicht, Christians Film zu kritisieren ist vielleicht der beste Indikator dafür, dass diese Kritik notwendig ist. Das meinte ich eben: die Konsens-Umarmung hat er nicht verdient, im Guten wie im Schlechten.
@Frederic
Beißhemmung auch bei der Ausnahme, ganz klar. Unser Boot ist ja sehr eng und Feinde habe ich schon genug, höre ich (genau wüsste ich sie nicht zu benennen - Fehdehandschuhe wirft mir niemand zu). In der Halböffentlichkeit der Filmemacher gibt es aber durchaus auch weitergehende Kritik, das Niveau der Auseinandersetzung ist in meiner Generation gestiegen, glaube ich.
Das Repräsentative ist kein Freund der Kunst, natürlich nicht. Auch wenn es in der Geschichte immer wieder auch die (nachträgliche) Vereinahmung guter Kunst gab - der Gleichschritt mit der Macht ist verboten!
Dass ich das Gejammer der anderen nicht mehr hören kann, habe ich nie gesagt.
AntwortenLöschenMein eigenes, reflexhaftes Gejammer geht mir auf die Nerven. Bei wem und warum jammert man?
Dominik Graf hatte mal ein Seminar gegeben, mit dem schönen Titel: „Sind die Produktionsbedingungen eines Films am Film selbst abzulesen?“ oder so ähnlich. Klingt wie ein Helmut Costard Filmtitel.
Und kulturelle Filmförderung, das muss und wird immer diskutiert werden. Braucht man diesen Film und diese Ausstellung oder dieses Theater wirklich? Brauchen wir vielleicht nicht eher eine Kita oder ein beheiztes Hallenbad in Oberhausen. Man sitzt auf einem Panel und irgendein agent provocateur stellt einem diese Frage und man hat den ganzen Scheiß an der Backe. Antwortet irgendwas: Kunst ist wichtig, sie kritisiert und erzählt und identifiziert unser Leben und dann kommt wieder der agent mit der Gegenfrage, ob das eine Kita nicht auch tut.
Erinnert an die Geschichte vom Börsengang der Deutschen Bahn. Mehdorn ähnelte da den Intendanten, die der Diskussion entgehen wollen, in dem sie auf die ungeheure Platzausnutzung, 99,4%, ihres Theaters oder auf den Besucheransturm verweisen, 600 Meter lange Schlangen rund um die Neue Nationalgalerie.
Systeme offenhalten, zerbrechlich und in kritischen Zustand halten, darum geht es ja, und Christophs Artikel versucht ja auch keine Lösungen zu finden, denn dann käme Jack Palance mit dem Scheckbuch.
http://www.youtube.com/watch?v=k-ua7zxwXDs
AntwortenLöschenHier ist das Youtube Interview. Ab Minute 22 geht es um Filmförderung und um die Stelle die ich eventuell falsch verstanden hatte. Tut mir leid
Grüsse
Benny
Wenn Du Film von allen politischen Bedingungen und Zielen abschneidest, können nur Platitüden bleiben a la "Die Kunst erlaubt uns die Welt anders zu sehen." Das ist so leer wie, der Vortrag einer Museumsführung vor einem Rotschenko. Leer, wie ein Derrida-Zitat im Pressetext einer Galerie. Leer meint auf keine Lebensbedinungen, keine Wünsche bezogen. Die Unbestimmtheit des "Wir".
AntwortenLöschenDas System liebt nicht das Mögliche, sondern seine Bürokratie. Deine Reformideen sind so ungreifbar, dass sie das Bestehende bestätigen. Da kann sich der Filmförderbürokrat entspannt zurücklehnen: selbst unsere kritischsten Geister stehen hinter uns.
Ein gedämpftes Energielevel mag zum Arbeitsalltag einer Kirsten Niehuus passen, einem Filmemacher steht nicht gut zu Gesicht: Du selbst bringst nicht die Kraft auf, die These auf irgendetwas konkretes (in eigenen oder fremden) Filmen zu beziehen. Für Niehuus sind Absichtserklärungen und Exceltabellen genug Welt und Lebendigkeit. In der Abwesenheit der Bilder in deinem Text spiegelt sich, inwieweit Du schon teil dieses Produktionsmodus geworden bist.
Auf wiedersehen, und danke für den Fisch.
Hallo „Buckow” - was soll ich sagen. Du formulierst (anonym) sehr große Ansprüche an meinen kurzen Text, der sicherlich viel besser sein könnte. Einer der Gründe, warum ich mir schwer tue, Empfehlungen für eine Reform zu geben ist die Erfahrung, dass sich die Kunst „nicht in die Betten legt, die man für sie gemacht hat” (Dubuffet) oder jedenfalls nicht so zuverlässig, wie sich das zum Beispiel Kulturpolitiker wünschen. Aber ganz so leer und ungreifbar wie du schreibst, kann ich meinen Artikel nicht finden. Mein Vorschlag einer ausschliesslich kulturellen Filmförderung mit qualifizierten, rotierenden Jurys und der Verpflichtung auf persönliche Perspektive, formale Herausforderung und thematische Relevanz ist natürlich nur skizziert. Ins Detail kann und muss man dann gehen, wenn sich eine Chance auf einen solchen Paradigmenwechsel ergibt. Eine solche Chance entsteht nicht aus dem Nichts, weshalb ich meinen Text als Debattenbeitrag verstehe. Welche „politischen Bedingungen und Ziele” sind es, die du meinst? Schick doch einen Link oder Text mit deinen Vorschlägen, damit die Diskussion in Gang kommt anstatt nur Mäkelei.
AntwortenLöschenC