25 Februar, 2012

Striptease


Dramaturgisches Modell für die meisten Spielfilme: der Striptease.

Beim Sehen des zuverlässig mittelmässigen, im Format beschnittenen inflight movies letztens, stumm, weil ich die Hoffnung längst aufgegeben hatte, aber der Bildschirmbewegung entkam ich eben doch nicht - wurde ich ganz trostlos. Das Skelett der narrativen Konvention, das auf diese Weise grausig zum Vorschein kam, hat mich erschreckt. Der Erzählfilm erschien mir plötzlich als eine vollkommen banale Übung, als stumpfes Absichtstheater. Man sah groß die Waffe in der Schublade und wusste, der Held würde sie später gebrauchen. Man sah groß die unbekannte Frau und wusste, der Held würde sie später lieben. Bevor sich etwas entfalten konnte, wurde es markiert, das Bild eilte voraus, die Filmemacher kannten die Zukunft. Der Film war wie ein lustlos kalkulierter Striptease: die retardierenden Plotwendungen hielten die nackten „Geheimnisse” ein paar Szenen lang zurück, aber man wusste immer, worauf die Sache hinausläuft. Das einzige, was sich dieser Logik - manchmal - entzog, war das Schauspiel. Große Schauspieler, das zeigen die schlechten Filme besser als die guten, sind Quellen der Überraschung, auch für die Spieler selbst.

Man sollte Filme machen, die man im Flugzeug nicht zeigen kann. Die unberechenbar sind. Und vielleicht wäre schon viel gewonnen, den dramaturgischen Striptease umzudrehen: Ein Geheimnis, der sich nach und nach „ankleidet”. Statt der „Vagina” als Fluchtpunkt (die Logik der Enthüllung) käme es plötzlich auf „Charakter” an...

2 Kommentare:

  1. Da muss ich vollkommen zustimmen, einen durchschaubaren Film braucht niemand schauen... das man den Zuschauer zum denken anregt und ein paar Hinweise oder zumindest mögliche Verläufe aufzeigt, ist ok... aber einem die Handlung vorab schon so durchsichtig zu machen, zerstört jede Spannung.

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  2. als jemand, der postpubertär im zweiten bildungsweg mit avantgardefilm sozialisiert wurde, wundere ich mich, dass ich immer wieder vergesse, dass man auch anders film machen kann. von zeit zu zeit, wenn ich etwas neues, unerhörtes sehe oder wenn mich wie c.h. der spontane ekel vor den genrekonventionen packt, fällt es mir dann wieder ein - verbunden mit einer unbändigen lust auf neues.

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