11 Dezember, 2011
Überblendung (1)
Schneiden oder Blenden? Das klingt noch heute nach einer moralischen Frage. Der ehrliche „harte” Schnitt gegen die falsche Süße eines „weichen” Übergangs. Aber sind das wirklich Alternativen? Bedeutet eine Überblendung nicht etwas anderes? Ich will mir anhand konkreter Beispiele ansehen, was Blenden „machen”. Dieses Mal: LILITH (Robert Rossen, USA 1964). Ein überragend besetzter (Jean Seberg, Warren Beatty, Peter Fonda, Kim Hunter, Gene Hackman) seltsam unebener Film, der sich in liberalen Klischees des Wahnsinns als Unschuld ergeht, bevor er unverhofft in eine glaubwürdige, tragische Liebesgeschichte mündet.
Die Blende (oder genauer: die Serie von Überblendungen), die ich meine, markiert das „letzte Glück”, die Innigkeit und Hingabe, die dann verloren geht. Das Über- und Ineinander der Bilder - der sonnenfunkelnde Bach und die Liebenden, ihr Gesicht, seine Hände - ist nicht „realistisch” motiviert, auch wenn wir den Bach zuvor gesehen haben. Es geht um eine poetische Übertragung der Ekstase, der Auflösung, die Blende ist eine Metapher etwa in der Art, in der Murnau in SUNRISE Überblendungen verwendet. Das ist gefährliches Terrain, weil das zweite Bild (die Reflexion der Sonne) die Interpretation des Ersten eindeutig macht. Was mir gefällt an diesem Beispiel, auch wenn es nahe am Kitsch ist: dass sich unser Gefühl intensiviert, während wir uns von der Handlung selbst entfernen. Das Bild, das so entsteht, meint nicht (nur) diesen Moment, sondern alle Momente, alle Leben, auch unseres.
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