Im Bonus-Material von Claude Chabrols
MADAME BOVARY (F 1991), einem Film, den Isabelle Huppert zum Ereignis macht (aber auch Jean-François Balmer als Charles Bovary ist großartig) spricht der Regisseur über seine Vorstellungen einer „treuen” Literaturverfilmung. Nicht nur habe er dem großen Text nichts hinzufügen wollen, er habe auch versucht, filmische Entsprechungen für Flauberts Satzbau zu finden. Eine Passage, die Flaubert in schnellen, hastigen Sätzen geschrieben habe, sei deshalb in kurzen Einstellungen, eine andere, in getragenem Tonfall geschriebene, in ungeschnittenen Plansequenzen umgesetzt worden. Dieses Konzept, das ich über die von Chabrol gegebenen Beispiele hinaus nicht überprüft habe - schon weil ich das Buch nur auf deutsch besitze - scheint mir so naiv wie faszinierend (auch wenn Chabrol natürlich alles andere als naiv war). Naiv, weil der Bau eines Satzes keine „filmsprachliche” Entsprechung haben kann, direkte Analogien geradezu ins Absurde führen müssen. Faszinierend, weil die Sprache Flauberts damit wie ein Code in den Film eingeschrieben ist, ohne Hoffnung auf Entschlüsselung, aber eben doch sichtbar. Hyroglyphisches Kino?
Die Bovarys: Isabelle Huppert und (links hinter ihr) Jean-François Balmer.
P.S.: Im beigefügten Interview mit Isabelle Huppert sagt ihr Gesprächspartner schmeichlerisch: jeder, der Flauberts Buch heute lese, müsse nun unweigerlich ihr Gesicht vor Augen haben. Darauf sagt Huppert sehr knapp: „Ich hoffe es!”
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