... fragen Jutta Brückner, Frédéric Jaeger, Claudia Lenssen, Wilfried Reichart und Bettina Schollere.
Wenn ich versuche zu formulieren, was einen „guten” Film für mich ausmacht, komme ich auf drei zentrale Kriterien:
- Persönliche Perspektive:
Ich will Filme sehen, die einer individuellen Erfahrung und Sensibilität entwachsen, Filme, die eine/n Filmemacher/in spüren lassen, der für ihre/seine Sicht auf die Welt einsteht.
- Formale Herausforderung:
Ich will Filme sehen, die ihre Form im Kontext der Film- und Zeitgeschichte reflektieren, Filme, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat, nicht geben konnte. In der neuen Form soll sichtbar werden, was zuvor nicht adressierbar, im Nebel des Unbewussten formlos war. Gegenwart.
- Thematische Relevanz:
Ich will Filme sehen, die mich betreffen, als Mensch und Bürger; Filme, die meine vitalen Interessen berühren.
(Das sind im seltensten Fall die „staatspolitisch wertvollen”, „wichtigen” Themen, die oft wie Mehltau auf dem deutschen Kino liegen, aber eine engere Definition dessen, was „relevant” ist, oder sein könnte, muss ich schuldig bleiben; relevant ist im Zweifel, was die Filmemacher zu einem persönlichen und formal herausfordernden Werk inspiriert, um hier meine Argumente von oben kurz zu schließen.)
Vielleicht könnte man noch einen vierten Punkt hinzufügen:
- Kulturelle Spezifik:
Ich will Filme sehen, die sich in einem konkreten kulturellen Kontext situieren, Filme, die sprachlich und geografisch nicht beliebig sind.
Film ist eine soziale Kunst und verwirklicht sich in der Wahrnehmung.
Die Qualität eines Filmes kann nur spontan und persönlich bestimmt werden, aber in der Summe vieler vorläufiger Urteile bildet sich nach und nach eine Art Resonanzbild heraus, und verfestigt sich.
Meinem Gefühl nach stehen sich Breitenwirkung und Wirkungstiefe im deutschen Film zu oft unversöhnlich gegenüber.
Kriterien wie die oben genannten werden sich nie letztgültig objektivieren lassen, aber sie könnten der notwendigen Diskussion Struktur geben.
In einem weiteren Schritt könnte man versuchen, die Qualitätsmerkmale zweiter Ordnung (die im Netz und auf Papier öffentlich werden) in einem „Korb” zu bündeln, etwa um eine Referenzförderung zu begründen.
In einem solchen „Korb” könnten neben Kritikerwertungen, Zuschauerzahlen, Festivalteilnahmen und Preisen auch Nennungen eines Filmes in Fach- und Publikumsforen einfließen (also eine Art most viewed/most commented/most rated/best rated/most mentioned).
Meiner Meinung ist nichts so qualitätsfördernd wie Vertrauen. Das Prinzip Referenzförderung – Vertrauen auf Basis erbrachter Qualität - könnte für meinen Geschmack weite Teile der Förderlogik bestimmen.
Meiner Meinung ist nichts so qualitätsfördernd wie Vertrauen. Das Prinzip Referenzförderung – Vertrauen auf Basis erbrachter Qualität - könnte für meinen Geschmack weite Teile der Förderlogik bestimmen.
"Meinem Gefühl nach stehen sich Breitenwirkung und Wirkungstiefe im deutschen Film zu oft unversöhnlich gegenüber."
AntwortenLöschenKannst du das weitergehend beschreiben, wie du das meinst?
Für mein Empfinden ist das eine Formel, die nicht nur auf den deutschen Film zutrifft, sondern sich auf alle Arten der Kunst / weltweit anwenden ließe (wenn ich dich richtig verstehe).
Je mehr ein Werk sich an deinen oben genannten Qualitätsmerkmalen orientiert, umso weniger "massentauglich" wird es im Ergebnis ausfallen, oder?
Gruß Pablo
Natürlich kommen Breitenwirkung und Wirkungstiefe überhaupt selten zur Deckung, aber in anderen Filmländern doch entschieden häufiger als hierzulande, scheint mir, insbesondere natürlich in den USA. Ganz allgemein würde ich bestreiten wollen, dass persönliche, formal herausfordernde, thematische relevante, kulturell spezifische Filme notwendig unpopulär sind. Beispiele? Antonionis BLOW UP. Bertoluccis LAST TANGO IN PARIS. Kubricks THE SHINING. Scorseses GOODFELLAS. Lynchs WILD AT HEART. Hanekes KLAVIERSPIELERIN. usw.
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