Gestern in der Volksbühne: DON JUAN von René Pollesch. Ein Wahnsinnsabend. Wuttke als zuckende Flamme, im Rollstuhl, in Krücken (das Bein hat ihm ein Mitspieler an einem anderen Abend, im gleichen Stück gebrochen), im Kampf für und wider diesen unmöglichen Text, oszillierend zwischen Diskurssprech und Charakter-Knochen, Knöchelchen ganz ehrlich: Wuttke entzündet jeden Satz mit letzter Kraft. Um ihn herum Doppler, Zuträger, Schatten, und eine Ebenbürtige, Lilith Stangenberg, die Einzige, die ihm zuzuhören scheint. Die beiden rühren mich. Unverhofft beginnt der krude Textkörper zu schweben, trotz der Prothesen, stürzt ab, erhebt sich neu, ein paar Millimeter, paranormal. Wie immer bei Pollesch vermischen sich Albernheiten mit ernsten Spielen, Meta ist ein Witz und wieder doch nicht. Manches ist saukomisch, vieles klug verbrämte Leere, aber gerade wenn man glaubt, dem Schaum auf den Grund zu sehen, kommt ein K.O. aus dem Nichts. In einer Szene bemühen sich die Spieler um Namen und scheitern, die Sprache zerfällt, zerfällt so lange bis die Schauspieler aus der Rolle fallen, vor Lachen nicht mehr sprechen können, was sich nahtlos in den Zirkus fügt. Worum es geht? Wie üblich: Liebe. Zigaretten. Anwesenheit, Abwesenheit. „Die Beleuchtung hat gewechselt.” Es ist einen Abend später und auch schon nach der Vorstellung schwer, irgendetwas zu behalten von dem Gesehenen. Falls ich in der Reihe 6 mein Leben ändern wollte: ich weiss die Richtung jetzt nicht mehr. Was übrig bleibt vielleicht ist das Gefühl von „Rock'n Roll”, in Anführungszeichen. In der Kantine nachher: die nehmen doch was, die haben doch Groupies, die leben doch nicht mehr lange. Nur: „Es wird nichts dadurch besser, dass wir es auch wirklich meinen.” (R.P.)
Eines steht fest: der deutsche Film findet auf einem anderen Planeten statt.
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