Im Rahmen der 2. Woche der Kritik fragt eine Veranstaltung (10.02.2016, Silent Green Kulturquartier) „Warum der deutsche Film nur unter sich feiert”. Nachfolgend ein Diskussionsbeitrag zum Thema, unvollendet. (Vielleicht kann ich den Text ja – inspiriert von den Beiträgen der geladenen Gäste Charles Tesson, Richard Brody, Bettina Reitz, Sergio Fant, Katrin Schlösser und Lars Henrik Gass – nach der Konferenz zu Ende schreiben.)
Natürlich, wir haben uns längst daran gewöhnt: der deutsche Film kommt in Cannes, Venedig, Locarno nicht vor. Aber woran liegt das eigentlich? Nicht am Geld. Nicht am Handwerk. Ich behaupte auch an Talenten fehlt es nicht.
Als Gründe sind weiterhin im Angebot: „Ausländische Geschäftsinteressen”, „Es gibt keine deutschen Stars”, „Der deutsche Film hat ein Kommunikationsproblem” oder auch: „die unheilvolle Macht der Sender”, „das Klein-Klein der Strukturen”, „Es fehlen Unternehmer-Produzenten” usw.
Fast jedes dieser Argumente lässt sich mindestens anekdotisch belegen und dennoch treffen sie nicht den Kern. Welcher deutsche Film hat das Zeug, den ästhetischen Stand der Dinge herauszufordern und die Welt in Aufregung zu versetzen? Eben. Wir haben die Ware nicht, die dort gefragt ist.
Damit sei nicht gesagt, dass es keine guten deutschen Filme gäbe. Aber wir haben eine Filmkultur, die in ihren besten Momenten bescheiden ist, während das Unbescheidene fast immer ohne Ambition bleibt. Kurz: der deutsche Film hat ein „protestantisches” Problem.
Anders als die Autorengeneration der 70er Jahre, für die ein „katholisches” (performativ-polarisierendes) Verhältnis zur Öffentlichkeit eine Selbstverständlichkeit war, haben wir es heute meist mit Filmemachern zu tun, die versuchen, in gutem Einvernehmen zu leben sowohl mit der eigenen Szene, als auch den Mächten, die ihre Filme finanzieren. Mir scheint, dass die Kultur der Harmonie über pragmatisch-opportunistische Gründe weit hinaus geht, also sozusagen „ehrlich protestantisch” ist.
Aber ganz ohne Zweifel wird diese nette Art von den tonangebenden Spielern – den Sendern und Förderern – auch vorausgesetzt, in viel höherem Masse als in den Tagen den Neuen Deutschen Films jedenfalls. Kollegen, die das Gefühl stabiler Sympathie verweigern oder gar die eine oder andere Hand beissen, haben sofort Schwierigkeiten.
Aber zurück zu den Protestanten, zu uns. Warum leben wir nicht wild und gefährlich? Warum gehen wir nicht aufs Ganze? Warum machen wir keinen Skandal? Vielleicht, weil das Gesten von Gestern sind. Weil es nicht unsere Art ist. Aber sicher auch, weil niemand auf uns wartet. Wie soll man über die Stränge schlagen ohne die heisse Sehnsucht eines Publikums?
Die Katze beisst sich in den Schwanz...
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