25 April, 2024

(Anti-) Thesen zum deutschen Kino


Ja, das deutsche Kino hat sich von „Arisierung“, Vernichtung und Krieg nie mehr ganz erholt. Nein, um die ins Exil Gezwungenen wurde nach dem Krieg nicht geworben. Auch eine Geste der Wiedergutmachung gab es von Seiten der deutschen Filmindustrie nie. 

Nein, auch die wenigen Filme der Rückkehrer waren nicht willkommen. Ja, die meisten Naziregisseure konnten ihre Karrieren nahtlos fortsetzen, darunter auch Veit Harlan, Regisseur von JUD SÜSS

Der Nachkriegsfilm kannte Höhen und Tiefen, aber anders als im Weimarer Kino oder in den USA und Frankreich waren die künstlerischen Höhen kaum mehr deckungsgleich mit den kommerziellen. 

Nein, in den 1950ern gab es nicht nur „Heimatfilme“, und durchaus nicht alle Filme dieses Genres waren schlecht. 

Nein, das DEFA-Kino musste sich nicht hinter der West-Produktion verstecken. Ja, es stimmt leider, dass in der DDR nie bessere Filme gemacht wurden, als die, die man verboten hat. Trotzdem ist der DEFA-Durchschnittsfilm eher besser als schlechter als die Durchschnittsware aus dem Westen gewesen. Ja, das hat mit Handwerk und Studiosystem zu tun. 

Nein, die Oberhausener haben „Papas Kino“, den kommerziellen (west-) deutschen Film, nicht umgebracht. Eher haben sie seinen Tod festgestellt. Nein, die Oberhausener haben mit Verkündung des Manifests nicht die Macht ergriffen. Die Karrieren der allermeisten Unterzeichner blieben marginal. 

Nein, die politique des auteurs hat mit dem deutschen Autorenfilm, der Personalunion von Drehbuch und Regie, nichts zu tun. Das war einfach nur billiger. 

Nein, das Genrekino war den Protagonisten des „Jungen Deutschen Films“ nicht fremd. Im Gegenteil gab es zahlreiche Versuche, von Schlöndorff bis Herzog, von Geissendörfer bis Fassbinder. Eher war die Publikumsbasis dieser Tradition verloren oder ins Fernsehen abgewandert. 

Nein, das Kino der „Münchner Gruppe“ (oder von Roland Klick) wurde nicht von Kluge & Co verhindert. Nein, ein Kino, das sich als kommerziell versteht, aber nicht zum Publikum findet, braucht keine Feinde. 

Nein, der deutsche Autorenfilm ist nicht an „Onanie“ gescheitert. Er wurde zum Zeitpunkt seines größten Erfolges durch filmpolitische Weichenstellungen („geistig moralische Wende“, Einführung des Privatfernsehens) abmoderiert. 

Nein, die Tatsache, dass die (im internationalen Vergleich) vielen deutschen Regisseurinnen dieser Zeit noch schneller in der Versenkung verschwunden sind, hatte nichts mit der Qualität ihrer Filme zu tun, sondern mit sexistischen Strukturen, die bis heute nachwirken. 

Ja, Syberberg wurde ausgelacht für seine Forderung, die DEFA zu erhalten und dafür eine Berliner Oper zu schließen. Nein, die ostdeutschen Regisseure waren nicht willkommen im wiedervereinigten Deutschland. Ja, sie wurden mit wenigen Ausnahmen ins Aus gedrängt. 

Nein, in den 90er Jahren gab es nicht nur Komödien. Nein, nicht alle Komödien waren schlecht. 

Nein, die „Berliner Schule“ ist kein Verein, keine feste Gruppe, keine stilistische Verabredung, sondern ein Etikett der Filmkritik. Ja, auch deshalb ist es sinnlos, sie zu hassen. 

Nein, die Oscars und Beinahe-Oscars sind kein Zeichen einer Besserung. 

Nein, Kino ist kein Entweder-Oder. 

Ja, der deutsche Film ist immer in der Krise. Weil wir immer wieder reinen Tisch machen? 

Nein, das Glas ist halbvoll.

21 April, 2024

Im Rückspiegel


Wenn ein Film fertig ist, bin ich in Gedanken beim nächsten Projekt. Ich schaue nicht gerne zurück, will nichts bereuen, nicht zu viel darüber nachdenken, was man anders hätte machen sollen. Jeder Film hat ein Datum und zu jedem anderen Zeitpunkt hätte der Film anders ausgesehen: Dieses Mantra stellt den Zweifel still.

Ich sehe mir meine Filme nach Fertigstellung nicht wieder an, weil ich sie bis dahin hundertmal gesehen habe, während des Schnitts, im Sounddesign, in der Mischung. Aber vielleicht ja auch deshalb nicht, weil ich an eine Entwicklung glauben will. Die Illusion, man könnte von Film zu Film wie auf einer Stufenleiter gehen, höher, weiter, näher ans Licht, hilft mir am Morgen aufzustehen.


Als UNTER DIR DIE STADT zu Gast war bei „Frankfurt schaut einen Film” – acht Frankfurter Kinos zeigten den Film am 17. März 2024  – habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich hatte ihn seit seiner Premiere in Cannes 2010 nicht wiedergesehen.


Um gleich Farbe zu bekennen: es war schön. Weil der Film schön ist. So klar hatte ich das damals nicht erkennen können. Mein Blick war nicht mehr verstellt von den Plänen, dem Wissen um bestimmte Widerstände, den Phantomschmerzen in Bezug auf gestrichene Szenen. An diesem Vormittag endlich sah ich mehr als die Summe der Teile, und ich bin dankbar für diese Erfahrung.


Mich hat überrascht, wie ambitioniert die Erzählung ist – und wie vielen ihrer Ambitionen sie gerecht wird. Nein, natürlich nicht allen. Damals hatte ich enttäuscht geschrieben: „Jeder Film die Ruine seiner Ambition.” Aber so wie die Skizze oft mehr verspricht als das Gemälde …so ergänzen wir die Ruine zu einer größeren Vergangenheit gewissermaßen. 


Es ist nicht leicht, seinem jüngeren Ich ins Auge zu sehen, aber falls man dem Blick standhalten kann, erkennt man Unterschiede. Ich bin erschrocken über das Selbstvertrauen von damals. Womöglich bin ich heute empfindlicher für Einwände, für Wünsche eines Publikums? Vielleicht ist das Fell fünfzehn Jahre später nicht mehr so dick? Jedenfalls habe ich Lust bekommen, in den nächsten Filmen mehr zu wagen, im Sinne eines Kinos, das neu ist, namenlos, und gefährlich für den Status Quo.

09 April, 2024

„Bis ans Ende der Nacht” @ MUBI



Meinen Film BIS ANS ENDE DER NACHT kann man ab 12.04.2024 auf MUBI streamen.

Daniel Kasman schrieb in seinem Berlinale-Bericht auf MUBI Notebook:

„Compellingly dense in story and style, it also has a tight-fisted atmosphere created by the gorgeous, gray-shaded, and layered cinematography. This is a reminder of what a cinema-steeped director like Hochhäusler (...) can do: You can't but feel the norms of cinema being tweaked and torqued under his sharp gaze.”

29 März, 2024

Gespräch über neue Kinoarchitektur

Am Mittwoch, den 17.04.2024 um 12 h moderiere ich ein Gespräch über neue Kinoarchitektur: Kinos bauen, Europa bauen – Zur Zukunft europäischer Kinobauten” auf dem Kongress „Zukunft Deutscher Film” * im Rahmen des LICHTER Filmfest in Frankfurt am Main. 

Zu Gast sind die Architekten Hugo Herrera Pianno (Baumschlager Eberle Architekten), verantwortlich für das Europejskie Centrum Filmowe Camerimage in Torun / Polen (2025) und Dietmar Feistel (Delugan Meissl Associated Architects), verantwortlich für Haus für Film und Medien in Stuttgart (2027) sowie übrigens auch für das stilprägende EYE in Amsterdam (2011)

Herausragende Beispiele eines neuen Bauens für das Kino oder genauer gesagt – und über diese Differenzierung wird zu sprechen sein – für öffentliche Kinoinstitutionen. Ich bin gespannt!

Visualisierungen für das Festivalzentrum Cameraimage, Torun (2027, oben)
sowie für das Haus für Film und Medien, Stuttgart (2025, unten). 
 

Sehr zu empfehlen: Die Kongress-Brochüre „Theory of Cinema” (PDF), mit einer ganzen Reihe interessanter neuer Kinoarchitekturen, darunter natürlich auch die oben genannten Projekte, die man kostenlos downloaden kann.

*) Veranstaltungsort ist das Festivalzentrum (Plenum), Eschersheimer Landstraße 28, Frankfurt am Main.


Update: Inzwischen kann man das Gespräch auf dem YouTube-Kanal des Festivals nachholen.

21 März, 2024

Position @ Diagonale

Gute Nachrichten: Die kommende Diagonale in Graz (4.-9.04.2024) wird mir eine „Position” widmen, eine Werkschau, auf der alle meine Langfilme (sowie zwei Kurzfilme) zu sehen sein werden, zum Teil in neu restaurierten Fassungen. Die meisten Vorführungen werde ich persönlich begleiten. Esther Buss' sehr schöner Einführungstext findet sich hier. Über die einzelnen Filme schreiben kenntnisreich neben Esther Buss (FALSCHER BEKENNER), Philipp Stadelmaier (FIEBER, EINE MINUTE DUNKELBIS ANS ENDE DER NACHT) und Michael Pekler (SÉANCE, MILCHWALD, UNTER DIR DIE STADT, DIE LÜGEN DER SIEGER). Außerdem wird der Berliner Filmkritiker Andreas Busche (im Anschluss an die Vorführung von BIS ANS ENDE DER NACHT) ein „Nachspann” betiteltes Werkstattgespräch mit mir führen. Und weil Revolver seit über 25 Jahren Teil meines filmischen Wirkens ist, werden wir in Graz auch ein Revolver Live! mit dem Kameramann Jürgen Jürges machen (Nicolas Wackerbarth und ich führen das Gespräch).

Vielen Dank für die Einladung, Dominik Kamalzadeh & Claudia Slanar


Termine:   

05.04., 10.30 h,  FALSCHER BEKENNER (2005) @ Schubert Kino 1. Filmgespräch moderiert von Daniel Moersener.

06.04., 17.30 h,  BIS ANS ENDE DER NACHT (2023) @ Schubert Kino 1

Daran anschließend, als „Nachspann”, ein Werkstattgespräch, moderiert von Andreas Busche.

07.04., 14 h, Revolver Live! (62): Jürgen Jürges – zugewandte Zeugenschaft 

07.04., 17.30 h, SÉANCE (2009) + DIE LÜGEN DER SIEGER (2014) @ Rechbauer Kino. Filmgespräch moderiert von Sven von Reden.

08.04.,17.30 h, FIEBER (1999) + MILCHWALD (2003) @ Schubert Kino 1. Filmgespräch moderiert von Bert Rebhandl.

08.04., 20 h, UNTER DIR DIE STADT (2010) @ KIZ Royal Kino 1. Filmgespräch moderiert von Sven von Reden.


09.04., 11 h, DREILEBEN – EINE MINUTE DUNKEL (2011) @ Schubert Kino 1.

Stand: 21.03.2024

Revolver Live! (62): Jürgen Jürges – Zugewandte Zeugenschaft


Jürgen Jürges (*1940 in Hannover) gehört ohne Zweifel zu den größten Bildgestaltern des europäischen Kinos; gleichzeitig ist er dem breiten Publikum weitgehend unbekannt. Das hat mit seiner leisen Art zu tun, aber womöglich auch mit der ungewöhnlichen Vielfalt seiner Filmographie. Jürges war nie einer, der sich auf Markenzeichen hätte festlegen wollen, immer wieder hat er sich auf neue Setzungen, Sichtweisen und Erzählstile eingelassen. Von Rainer Werner Fassbinder (mit dem er vielfach zusammen gearbeitet hat, darunter bei Angst essen Seele auf und Fontane Effie Briest) bis Michael Haneke (u.a. Funny Games und Code Inconnu), von Wim Wenders (In weiter Ferne so nah!) bis Uli Edel (Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo), von Tankred Dorst (Mosch, Eisenhans) bis Ilya Khrzhanovsky (Dau Zyklus), von Roland Klick bis Andreas Kleinert, von Helma Sanders-Brahms bis Robert van Ackeren usw. Was die Arbeiten bei aller Unterschiedlichkeit verbindet ist vielleicht so etwas wie eine zugewandte Zeugenschaft, ein dokumentarisches Ethos, das die Fiktion durchdringt und beglaubigt. Wir freuen uns, mit Jürges am konkreten Beispiel einiger ausgewählter – und stilistisch höchst unterschiedlicher – Projekte über seine Arbeitsweise(n) zu sprechen. 

Christoph Hochhäusler, Nicolas Wackerbarth 


Am Sonntag, den 07.04.2024 um 14 h im Diagonale Forum (Heimatsaal im Volkskundemuseum Graz) im Rahmen der Diagonale. Eintritt frei.


P.S.: 

Zwei Filme, die Jürgen Jürges fotografiert hat, werden außerdem in voller Länge auf Leinwand zu sehen sein, projiziert von 35 mm: Am 06.04.2024 um 17:30 h CODE INCONNU (Regie: Michael Haneke, 2000) im Rechbauer-Kino sowie am 07.04.2024 um 11 h EISENHANS (R: Tankred Dorst, 1983) im Schubertkino 1, den Jürges zu seinen persönlichen Lieblingsfilmen zählt.



© Emely Timm



Jürgen Jürges

Geb. 1940 in Hannover. 1961 Photografische Ausbildung an der Letteschule in Berlin. Diplom. Bis 1963 Kameravolontär bei Hans-Jürgen Pohlands „art film GmbH“. Ab Mitte der 1960er Jahre Kameraassistent u.a. bei Volker Schlöndorffs Der junge Törless (1966) und Mord und Totschlag (1967). Ab 1970 als Chefkameramann tätig. Er arbeitet in Folge mit einigen der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films (Rainer Werner Fassbinder, Reinhard Hauff, Wim Wenders, Helma Sanders-Brahms). Filme wie Die Zärtlichkeit der Wölfe (Uli Lommel, 1973), Angst essen Seele auf (RWF, 1973), Fontane Effi Briest (RWF, 1974), Satansbraten (RWF, 1975, nur 1. Drehabschnitt), Paule Pauländer (Hauff, 1976), Deutschland bleiche Mutter (Sanders-Brahms, 1980) entstehen in der Zeit. Deutscher Filmpreis / Beste Kamera 1980 für die Arbeit an Kückelmanns Die letzten Jahre der Kindheit (1979). In den 1980er Jahren fächerte sich Jürges‘ Kameraarbeit noch weiter auf: Von Uli Edels Reportage-Reißer Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1981), über die große Künstlichkeit in Robert van Ackerens Beziehungsdrama Die flambierte Frau (1983), zu Arend Agthes impressionistischen Kinderabenteuerfilmen Flußfahrt mit Huhn (1985) und Der Sommer des Falken (1988) oder auch dem Schimanski-Kinofilm Zahn um Zahn (Hajo Gies, 1985). 1986 Deutscher Kamerapreis für das Fernsehspiel Die Wupper (Regie: Jürgen Flimm) sowie 1988 für Eisenerde Kupferhimmel (Regie: Zülfü Livaneli). 1994 Deutscher Filmpreis / Beste Kamera für In weiter Ferne, so nah! (Regie: Wim Wenders), 1999 für Wege in die Nacht (Regie: Andreas Kleinert). Mit Michael Haneke: Funny Games (1997), Code inconnu (2000) und Wolfzeit (2002). Im Rahmen von Ilya Khrzhanovskys monumentalen Dau-Projekt entstehen über einen Zeitraum von 10 Jahren mehr als ein Dutzend Spielfilme, für die Jürges die Bildgestaltung übernimmt, darunter Dau: Natasha, für den er 2020 einen Silbernen Bären für die beste Kamera gewinnt. Im Rahmen der Bild-Kunst Kameragespräche wurde Jürges im März 2016 der 16. Marburger Kamerapreis für herausragende Bildgestaltung im Film verliehen. Den Deutschen Filmpreis für sein Lebenswerk erhielt er 2022.

19 März, 2024

Dialogische Arbeit

Über das Schreiben mit Ulrich Peltzer (2012).

„Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler” heißt es bei Bachmann (Malina) – einer jener „schlagenden” Sätze, die man für wahr hält, obwohl oder weil sie der Erfahrung ganz entzogen sind. Für die Filmgeschichte scheint das Gegenteil zu gelten. Allenthalben Schüler, Lernwillige, ewige Studenten, die die Filmgeschichte nach Brauchbarem abklopfen, die Regeln herauszulesen suchen, und Regelmässigkeiten, bis sie von der nächsten Seherfahrung wieder umgeworfen werden. 

Den Genrebeschwörungen (und den vielen Metern Beratungsliteratur) zum Trotz: Jede Dramaturgie ist experimentell. Das ist die Quintessenz unserer Zusammenarbeit, Ulrich Peltzers und meiner. Wir schreiben zusammen, buchstäblich, das heißt wir sitzen einander gegenüber, Ulrich meistens am Rechner. Er tippt, liest vor, hört sich meine Vorschläge an, lässt sich diktieren, weist Sätze zurück oder wägt sie ab, hört sich meine Argumente an, argumentiert dagegen. Es ist eine dialogische Arbeit. 

Wichtig ist, einen Vorschlag zu hören. Ihn widerzugeben. Immer wieder entspinnen sich weitreichende Diskussionen: ästhetische, politische, persönliche, angeregt von einem Dialog, einer Szenenidee – wer würde so etwas tun oder sagen? Mitunter nehmen diese Gespräche einen größeren Raum ein als die „Arbeit”. Immer wieder befragen wir das Netz, Wikipedia, Youtube, die Filmgeschichte, sehen uns Szenen an, lesen in bewunderten Büchern oder Drehbüchern – „Wie haben es die anderen gemacht?” – um dann unseren eigenen Weg zu gehen. 

Es sind Gedankenreisen mit Einträgen ins Logbuch, als Basis für Dreharbeiten, die den Text „restlos” verzehren sollen, um selbst „Text” zu werden. Für einen Schriftsteller ist das Drehbuchschreiben also eine Zenübung, ein „Werk” bleibt nicht übrig, ja im Zweifel sieht die Öffentlichkeit im Regisseur den Autor, später. Vielleicht ist unsere Zusammenarbeit deshalb so heiter? 

Zweifel gibt es auch. Immer wieder betreffen sie Konstruktionsfragen. Wie fädelt man eine Geschichte ein? Was ist glaubwürdig? Was anschaulich? Entlang dieser Naht passieren die meisten Korrekturen. „Die Handlung als einen Bogen begreifen, der die Charaktere so in Spannung bringt, dass sie kenntlich werden. Im Relief der Bewegungen, Gesten und Worte ein dreidimensionales Bild entstehen lassen.” So habe ich mein filmisches Ideal einmal beschrieben. Aber mit Idealen kann man nicht arbeiten. 

Eher ist es so, dass man sich auf ein Material einlässt, einer Neugier folgt, die unerklärlich ist – um später dann, in einer Phase der Kritik, auf das Ideal zurückzukommen. Nicht um alles zu ändern. Eher um staunend das eigene Scheitern zu vermessen. Jeder Film ist die Ruine seiner Ambition. Das gilt natürlich auch für das Drehbuch. Zwei Bücher haben wir bisher zusammen geschrieben. Das neue Buch soll bald „verzehrt” werden. Ich bin gespannt auf die nächste Reise. 


(Den Anlass für den Text erinnere ich nicht mehr genau. Inzwischen haben Ulrich Peltzer und ich übrigens vier Drehbücher verfasst: UNTER DIR DIE STADT (2010), DIE LÜGEN DER SIEGER (2014), DER TOD WIRD KOMMEN (2024) und, noch unverfilmt: ICH HAB' DICH LÄCHELN SEHEN. Ein fünftes Projekt ist in Sicht.)