12 Oktober, 2024

(Wieder-) Gesehen [22]


MEMORIES OF UNDERDEVELOPMENT („Memorias del subdesarrollo”, Tomás Gutiérrez Alea, Cuba 1968)


Ein filmisches Sudelbuch, flüchtig, in Bewegung. Alles hat darin Platz: Gedanken, Melodien, die politische Lage 1961/62, Vermischtes in der Zeitung, die Stadt Havanna und das schöne Knie einer Wartenden. Sergio (Sergio Corrieri) ist Beobachter und Gegenstand der Beobachtung, ein Schriftsteller zwischen den Lagern, in Cuba zurückgeblieben, zurückgelassen, befreit und ruhelos, neugierig und distant. Erotische Eskapaden und der archaische Zorn einer Mutter, die ihre Tochter „um das Wertvollste” gebracht sieht, Micro- und Macropolitik, Momente von großer Schönheit, Erinnerungen, Fantasien, Korrekturen. Das Leben ist ein Strom, keiner steigt zweimal in den selben Fluss, beim nächsten Sehen wird es anderer Film sein. Ich hab' vor Glück geweint.



THE SWIMMER (Frank Perry, USA 1968)


Burt Lancaster ist „der Schwimmer“, athletisch, strahlend und schön. Was als verrückte Idee beginnt - er kündigt an, die Nachbarschaft von Pool zu Pool zu durchschwimmen, bis er zuhause ist - wird nach und nach zum manisch-depressiven Resümee eines Träumers, dem die Geschöpfe seiner Fantasie mit erlahmender Kraft nicht mehr gehorchen. Die folgende Konfrontation mit den Ruinen seines Lebens ist schwärzer, als es für amerikanische Filme eigentlich vorgesehen ist. Auch wenn nicht alle der visuellen Lyrizismen (die wohl von Produzentenseite in den Film kamen) gut gealtert sind, gelingt es Perry mit einiger Kühnheit, die inneren Türen seiner Zuschauer zu öffnen; mir jedenfalls war die Reise des Helden bald Anlass, über eigene Versäumnisse und Lebenslügen nachzudenken. 


MANILA IN THE CLAWS OF LIGHT („Maynila sa mga kuko ng liwanag”, Lino Brocka, Philippinen 1975)


Die Stadt als Dickicht, in dem Glanz und Elend nichts voneinander wissen (wollen). Ein mittelloser Fischer aus der Provinz kommt nach Manila, um seine verschollene Freundin zu finden, lebt und arbeitet rechtlos und gefährdet, das Festhalten an seinem Ziel und die Solidarität einzelner Kollegen helfen ihm durchzuhalten, aber als er sie endlich findet, offenbaren sich neue, tiefere Abgründe... Bewegend und genau. Können Melodramen „realistisch” sein?



INSIANG (Lino Brocka, Philippinen 1976)


Der einzige filmische Realismus, über den sich zu reden lohnt, ist einer, der die ökonomischen Verhältnisse nicht beschreibt, um die Figuren als determiniert zu denunzieren, sondern die ökonomische Determinierung zum Rahmen macht, in dem wir die individuellen Anteile der Handlungsmöglichkeiten beurteilen können. Brockas Porträt trifft eine seltene Balance: der Film ist weder anklagend noch fatalistisch, nicht ideologisch und schon gar nicht naiv, sondern wirklich um ein transparentes Bild all jener Kräfte bemüht, die auf menschliches Handeln einwirken. Und obwohl ich den Eindruck hatte, alles Wesentliche im Blick zu haben, habe ich das erschütternde Ende nicht kommen sehen. 


M (Joseph Losey, USA 1951)


Auf der einen Seite ein getreues und respektvolles Remake von Langs Meisterwerk, das viele Bilderfindungen des ersten Film nachbaut und die meisten Handlungsfäden übernimmt, auf der anderen Seite im besten Sinne eigensinnig an einer Übertragung auf amerikanische Verhältnisse interessiert, die vor allem mit der „neorealistischen“ Entscheidung, on location zu drehen, voll aufgeht. Das Studio-Berlin in Langs Version wirkt wie eine klaustrophobische Metapher auf städtisches Leben; Loseys Los Angeles ist viel stärker ein sozialer und politischer Raum. Als großer Verehrer des Originals habe ich lange gezögert, Loseys Film eine Chance zu geben (Lang hat sich zeitlebens verbittert geäußert über die Entscheidung des Produzenten für ein amerikanisches Remake). Inzwischen finde ich: beide Filme haben nicht nur ihre Berechtigung, sondern ergänzen sich. 



SÃO BERNARDO (Leon Herszman, Brasilien 1972)


Ein schöner, täuschend einfacher Film über einen Aufsteiger, der buchstäblich (aber metaphorisch natürlich auch) über Leichen geht, vom Habenichts zum Besitzer eines großen Guts avanciert, besessen von Besitz und Besitznahme, dabei aber lange wie unberührt bleibt, bis er durch oder gegen die Frau, die er heiratet - und natürlich zu spät - versteht, dass er mehr verloren als gewonnen hat. Erzählt mit großer Klarheit, gleichnishaft, nicht psychologisch, aber nahe an den Personen.


DIE WEISSE TAUBE („Holubice”, František Vláčil, CSSR 1960) 


Ein filmisches Gedicht, das spielerisch die Essenzen des Kinos dekliniert. Luft, Wasser, Erde. Freiheit und Schmerz, Kunst und Hingabe. Vláčil findet traumhafte, oft angstgrundierte Bilder. Eine schwarze Pyramide, von der aus (in Belgien) Tausende Brieftauben starten. Ältere (deutsche) Herren und eine somnambule junge Frau, die im Meer, auf Stühlen sitzend, ihre Ankunft erwarten. Eine Taube, die vom Weg abkommt, sich verletzt nach Prag verirrt. Ein schwarzer Kater namens „Satan“, der ihr auflauert. Ein Künstler, der die todgeweihte Taube malt, schließlich einem Jungen im Rollstuhl anvertraut, dem es gelingt, sie wieder zurück ins Leben zu holen… All diese Elemente bilden weniger eine Handlung denn die losen Glieder einer visuellen Kette, sind Situationen, die erst in der Sinnlichkeit der filmischen Form zu sich kommen. In einer verblüffenden Sequenz sehen wir dem Künstler beim Denken und Probieren zu, bis plötzlich ein Bild entsteht, an dessen Spontanität wir glauben können. Die Montage ist musikalisch, sucht Kontraste; alles ist Rhythmus. Ein Debüt als großes Versprechen, das, wie wir wissen, eingelöst wurde.



ABENTEUER IN RIO („L'Homme de Rio", Philippe de Broca, Frankreich 1964)


Die Nouvelle-Vague-Version von Tim und Struppi (insbesondere „Der Arumbaya Fetisch“), aber natürlich mit weniger Moralin und viel mehr Sexiness. Dorleac und Belmondo sind ein Traumpaar: betörend schön, ohne daraus eine große Sache zu machen, witzig und auf rätselhafte Weise der Schwerkraft enthoben. Spielberg und Lucas haben sich offensichtlich viel für Indiana Jones abgeschaut, aber doch nicht das Wesentliche getroffen. Ein großes Vergnügen.



TÜRKISCHE FRÜCHTE („Turks Fruit”, Paul Verhoeven, Niederlande 1973)


Verhoevens zweiter Kinofilm ist erwartungsgemäß vulgär, schamlos, unerschrocken; die Grenzüberschreitungen fühlen sich leidenschaftlicher und irrwitziger an als in späteren Filmen, die oft drastischen Details wirken gelebt und beobachtet. Rutger Hauer als Alter Ego des Regisseurs spielt den Künstler Erik als erotische Bestie, auf ähnlich ambivalente Weise unwiderstehlich, wie es Depardieu ein Jahr später in LES VALSEUSES tut. Monique van de Ven als Olga – die Augenhöhe hält mit Hauer – interessiert Verhoeven als Figur leider deutlich weniger; ihr Körper ist sein Fetisch. Auf ihr Krebsdrama am Schluss hätte ich verzichten können, das erste und eigentliche Ende des Films ist der jähe Abbruch der Amour Fou, alles weitere sind Girlanden.


BRIGHTON ROCK (John Boulting, UK 1947)


Ein „katholischer” Kriminalfilm, der sich anders als die amerikanischen Pendants dieser Zeit mehr für Gewissensfragen und Seelenheil interessiert als für das Geschäftsmodell seiner Gangster. Die Handlung dreht sich um Pinkie, den paranoiden Boss einer jener Banden, die Brighton in der Zwischenkriegszeit terrorisiert haben sollen (die Vorspanntitel erklären diese dunkle Vergangenheit des Badeortes vorsorglich für überwunden) und Attenborough spielt ihn als attraktives Nervenbündel, dünnhäutig, hypnotisch und grausam. Der aufregendste Teil des Films ist der Auftakt, die Jagd auf einen Verräter, den Pinkie und die seinen tot sehen möchten. Danach wird der Versuch, Spuren zu verwischen, so obsessiv, dass die Bewegungen des Plots immer kleiner und kleiner werden.



WILD BOYS OF THE ROAD (William Wellman, USA 1933)


Ein überraschend realistischer Blick auf das Phänomen der „Wild Boys“ der Depressionszeit: vagabundierende, verelendete Jugendliche (und durchaus nicht nur „Boys“), die auf Frachtzügen durchs Land ziehen, auf der Suche nach Obdach und Brot. Der Film lässt zwar das Traumbild eines verständnisvollen Richters ein Happy End andeuten und betont die Solidarität unter den Halbwüchsigen, aber in den Zwischenräumen (und übrigens auch in den haarsträubenden Stunts) wird der Abgrund deutlich, über dem diese Jugend tanzt. Um mit Werner Herzog zu sprechen: „Jeder für sich und Gott gegen alle.“ Armut ist natürlich immer und überall ein Alptraum; die USA aber erscheinen hier auf eine besonders grausame Weise haltlos. 


P.S.: Als politische Ergänzung empfehle ich ein Double Feature mit Bo Widerbergs wunderbarem JOE HILL (Schweden/USA 1971), siehe auch *.



ELECTION (Johnny To, Hongkong 2005)


Die Wahl des neuen Oberhauptes durch die Ältesten wird von einem, der sich übergangen fühlt, angefochten. Der Film erzählt mit einer großen Fülle an Charakteren - beinahe wie in einem Dokumentarfilm über die Hongkonger Triaden und ihre Gebräuche - von der Wiederherstellung der alten Ordnung (und dem notwendigen Blutzoll) ohne sich je für eine Hauptfigur zu entscheiden. Die Sachlichkeit des Tons nimmt den Gewaltspitzen ihre verstörende Wirkung, man nimmt sie als „naturgesetzlich“ hin; auch der Film als Ganzes wirkt fatalistisch. Ein politischer Kommentar?



VIELE KAMEN VORBEI (Peter Pewas, BRD 1956)


Ein Film in faszinierender Schwebe zwischen Ver- und Entzauberung, Geheimnis und Analyse. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen entlang der Autobahn, verschiedene Figuren und Perspektiven berühren sich zunächst scheinbar zufällig, bis nach und nach eine Welt Relief bekommt, die so künstlich wie welthaltig ist. Pewas' Talent stand quer zu seiner Zeit und blieb deshalb unvollendet; der Film zeigt (wie schon DER VERZAUBERTE TAG) sein großes Potential.



MEGALOPOLIS (Francis Coppola, USA 2024)


Selbstporträt als Held, von der Muse geküsst; entwaffnend ehrlich, oft himmelschreiend naiv, dramatisch und visuell all over the place. Im goldenen Licht einer Shampoo-Werbung wird hier zitiert und laut gedacht, was das Poesiealbum so hergibt; manche Ideen atmen den Charme des ganz frühen Kinos, andere sind einfach nur albern, Handlung im engeren Sinne spielt keine Rolle. Es gibt definitiv schlechtere Wege, Abschied zu nehmen, gerade für einen „Großkünstler“, als sich so frei zu machen (untenrum und überhaupt) – aber natürlich hätte ich lieber einen guten Film gesehen. Ich musste an Gordon Willis denken, den Kameramann der Godfather-Filme, der damals vehement gegen die „Willkür“ von Coppolas visuellen Vorschlägen gekämpft und sich in der Regel durchgesetzt hat. Willis‘ Antwort auf die Frage nach der größten Herausforderung beim Filmemachen: „Consistency“. Solche Partner hat Coppola ganz offensichtlich keine mehr.


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Zumindest kurz erwähnen möchte ich:



AUF TROCKENEN GRÄSERN („Kuru Otlar Üstüne”, Nuri Bilge Ceylan, Türkei 2023)


Ceylan setzt seine unwahrscheinliche Serie großer Würfe fort. Der ganze Film ist eine Zwiesprache, ein Für- und Wider, das in einem langen Dialog zu sich kommt. In einem magischen Moment fährt die Kamera hinter den Kopf der Konfliktparteien, und deckt so den jeweils anderen aus. 



JUNGE KIEFERN (Ute Aurand, D 2011)


Das „atmende” Filmen mit der federgetriebenen Bolex wirkt nicht nur besonders menschlich (in Ermangelung eines besseren Wortes), sondern hat eine große rhythmische Schönheit. Bilder scheinen kaderweise auf und tauchen ab. In der losen Verknüpfung von Japanalia entsteht beinahe so etwas wie ein Haiku-Kino. 



DÄMMERUNG („Szürkület”, György Fehér, Ungarn 1990)


Hypnose. Als hätte man die Dürrenmatt-Vorlage (oder Ladislao Vajdas Drehbuch für ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG) genommen und nur jede zehnte Seite verfilmt, bei gleicher Gesamtlänge. Die Kamera geistert durch ein neblig-graues Ungarn, alles ist Raunen und Andeutung, in langen „Atemzügen” vermessen Fehér und sein Kameramann Miklós Gurbán die Endzeit.



ARMACORD (Federico Fellini, Italien 1973)


Immer wieder ein Wunder, dieser Film. Ein Reigen der Erinnerung, wahr gerade in der Deformation. Die Lehrerporträts sind große Komödie, die erotischen Miniaturen wie geträumt, die Episode um den Ozeandampfer reine Kinomagie. Alle Figuren sind eingesponnen in Fiktionen, das ist bei aller Verklärung nicht ohne Bitterkeit – ich finde mich wieder.



CANYON PASSAGE (Jacques Tourneur, USA 1946)


Oh Buttermilk Sky! Ein neuer Lieblingswestern, in dem der schönste Melancholiker des klassischen Hollywoods, Dana Andrews, zwischen zwei Frauen steht, und erst durch den Verrat eines Freundes zur richtigen findet. 



MISFITS (John Huston, USA 1961)


Der Versuch einer Antwort auf die Frage, ob man „heute” noch einen Western drehen (oder leben) kann, und wenn ja, zu welchem Preis. Der Film hat etwas von einer barocken Ruine, schon als Form herzzerreissend, wozu natürlich passt, dass es sowohl Marilyn Monroes als auch Clark Gables letzter fertiggestellter Film war.



LE RETOUR D'UN AVENTURIER (Moustapha Alassane, Nigeria 1966)


Gewissermassen das afrikanische Pendent, die selbe Frage (ob man noch Western drehen kann), aber eine viel modernere Antwort. Das Ineinander von Analyse und Verführung, von Künstlich- und Kunstlosigkeit ist hier in wunderbarer Balance.



MÄDCHEN IM SCHATTEN („Yoru no henrin”, Noboru Nakamura, Japan 1964)


Schmerz als Farbenspiel. Selten habe ich einen so bewussten und überzeugenden Einsatz von Farbe als Gestaltungsmittel gesehen.



UNDERWORLD U.S.A. (Samuel Fuller, USA 1961)


Ein schöner linker Haken von einem Film.



DER MEISTERGAUNER („ Il mattatore”, Dino Risi, Italien 1960)


In der Täuschung findet das Kino zu sich, das wissen wir, aber wie hier ein Schwindler beschwindelt werden muss, um wieder Boden unter den Füssen zu bekommen, ist selbst schwindelerregend. 



Vier Filme mit Judd Hirsch:


ORDINARY PEOPLE (Robert Redford, USA 1980)


Timothy Huttons unverbrauchtes Spiel und das klug gebaute Drehbuch machen den Film zu einer sehr emotionalen Erfahrung, auch wenn der polierte Konventionalismus des visuellen Stils und die unterentwickelte Mutterfigur meine Gefühle gelegentlich ausgebremst haben. Judd Hirsch ist wunderbar schroff als Huttons Therapeut, als wollte er nicht nur die Ausweichmanöver der Hutton-Figur, sondern auch Redfords schmeichlerische Filmsprache herausfordern. 



RUNNING ON EMPTY (Sydney Lumet, USA 1988)


River Phoenix traurig-sanfte Lebensgier ist eine Offenbarung in dem Film, die ohne Hirschs messerscharfe Intelligenz nicht so strahlen könnte. Ganz weit oben in der an Meisterwerken reichen Filmografie Lumets.



THE FABELMANS (Steven Spielberg, USA 2022)


Spielberg rekonstruiert die Macht des Kinos aus dem Privaten. Hirsch spielt eine beinahe allegorische Figur, einen Onkel, der dem jungen Fabelman den Gegensatz von Kunst und Familie drastisch vor Augen führt.



SHOWING UP (Kelly Reichardt, USA 2022)


Ein Film wie ein Roz Chast-Cartoon: Passive-aggressive, aber in seinen Neurosen unbedingt liebenswert. Hirschs Vater-Figur hat wenig Screentime, ist aber zentral, um Michelle Williams knappes Nervenkostüm zu verstehen.

Labt sich die Kunst an ihrer eigenen Brust?


In der Mailänder Pinacoteca Ambrosiana bin ich an einem Gemälde von Giovanni Serodine (1600-1631) hängengebliebenDie Frau auf dem Bild – im Katalog schlicht als „allegorische Figur“ bezeichnet – presst einen Milchstrahl aus ihrer Brust und lenkt ihn in ihren Mund


Man könnte die Figur als Allegorie der Künste lesen *), die sich, – weil sie „brotlos” sind – selbst nähren müssen. Oft scheint die Freude der Künstler*innen an der Herstellung wirklich jene Vorzugsmilch zu sein, ohne die die Kunst nicht entstehen würde. 

Die Kunst um der Kunst Willen zu betreiben – „ars gratia artis“, wie es ausgerechnet bei MGM auf dem Schild steht – ohne auf Markt und Publikumsinteresse zu schielen, das ist natürlich gerade im Kino rar. Aber sollte man diese Selbstnährung feiern oder fordern? 

Im Zeitalter der sogenannten künstlichen Intelligenz stellt das Bild womöglich noch eine andere Frage: ist die Lust an der Schöpfung wichtiger als das Ergebnis? Ist das Kunstwerk lediglich Dokument eines – eben immer auch körperlichen – Prozesses der Wahrnehmung und Auseinandersetzung, nicht ihr Ziel? Kurz: Muss die Kunst durch uns hindurch gehen, um Kunst zu sein?

Die autonome Kunst kritisiert „durch ihr bloßes Dasein” einen Zustand, „der auf die totale Tauschgesellschaft sich hinbewegt”, in der alles nur für anderes da sei, schreibt Adorno, der die Künste in einer dialektischen Beziehung zwischen Engagement (im Sinne eines Weltbezugs) und l’art pour l’art (im Sinne einer Weltferne) sieht, wie ich bei Wikipedia lese.


*) Das Museum schreibt allerdings: „It has been suggested, for example, that this is an allegory of Melancholy, or of Science. However, it is probably Philosophy nourishing and feeding the various liberal arts”.