30 November, 2009

Ekkehard Knörer:

„Das Autorenkino der letzten Jahrzehnte ist in seiner großen Mehrzahl ein Kino, das Handlung und Plot in den Hintergrund schiebt, um anderes zu betonen. In Plansequenzen und klarer Kadrierung entwickelt dieses neuere, auf Festivals (und ganz sicher nur da) dominierende Kino eine Aufmerksamkeit für die Dauer, eine Offenheit für das Eigengewicht von Körpern, Bewegungen, Figuren in ihrer Beziehung zum Raum. Dieser aktuelle Festivalkino-Mainstream hat ästhetisch viel für sich, ist als Reaktion auf einen ganz anders gearteten kommerziellen Mainstream verständlich und wichtig, ist, versteht sich, in sich noch einmal weit ausdifferenziert - und doch kann sich inzwischen das ungute Gefühl einstellen, dass eine filmsprachliche Monokultur entstanden ist.”

Aus einem Artikel über den Film EL NIÑO PEZ von Lucía Puenzo, für das „Homosexual's Film Quarterly” SISSY.

7 Kommentare:

  1. dito, dito, meine rede. und wenn mir jemand 5000 euro in die hand drücken würde, würde ich umgehend in john milius fußstapfen treten wollen und in anlehnung an dessen usc-abschlussfilm "Marcello [Mastroianni], I´m bored!" einen film mit dem titel "Angela [Schanelec], I´m bored!" drehen.

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  2. Ja, klingt einleuchtend, aber ... Vielleicht hat sich K. auch nur an seinen Favoriten sattgesehen. Es gibt ja auch: Lynch, Tarantino, die Coens, die Dardennes, Kechiche, Almodovar, Audiard, Campion, Loach, von Trier usw.

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  3. Ich hatte schon einen Kommentar geschrieben, aber der ist wohl irgendwie nicht angekommen. Nur kurz nochmal:

    Bloß keinen Beifall von der falschen Seite. Wenn mich eines ganz gewiss nicht langweilt, dann sind es die Filme von Angela Schanelec. Wie mich überhaupt natürlich die Filme meiner Favoriten weder ermüden noch langweilen, sondern nur ihre Epigonen. Und eigentlich ging es nicht einmal gegen die, sondern gegen eine Festivalförderlandschaft, die gegen unreinere, wildere, riskiertere, mit dem Erzählen experimentierende Filme eher nicht favorisiert derzeit. Aber klar gibt es auch Lynch (wenn er nicht grad meditiert), von Trier, Tarantino, die Dardennes, Kechiche, die ich liebe für das, was sie tun. Oder den neuen Jacquot "Villa Amalia", den ich ganz toll finde. Aber mein Eindruck bleibt, dass da nicht so viel passiert im Moment im Kunstkinokontext. (Und ich weiß ja auch, wie sehr man nicht zuletzt in Deutschland kämpfen muss um Förderung für die langsamen, genauen Filme, die ich doch, ich sag's gerne noch mal, liebe.)

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  4. Wo ist sie, die „filmsprachliche Monokultur“, die K. in seinem Artikel zu verorten versucht? Ein neues Autorenkino überschwemmt die Festivals mit ihren „klaren Kadrierungen“, ihrer „Aufmerksamkeit für die Dauer“ und einer „Offenheit für das Eigengewicht von Körpern, Bewegungen, Figuren in ihrer Beziehung zum Raum.“ ??? Glück gehabt, gut, dass dies nur auf die Festivals beschränkt ist! Vielen deutschen Filmen dieses Jahres täte, im Gegensatz zu Knörers Argumentation, ein bisschen mehr Haltung und ein bisschen weniger Plot/Plotpoint/Aufgesetzte Handlung, ein bisschen mehr Liebe zu ihren Figuren, ganz gut. Schaut man sich beispielsweise die Produktionen des kleinen Fernsehspiels an, so besteht mindestens die Hälfte aus verkrampften Versuchen, möglichst „orginelle Plots“ mit unglaubwürdigen Charakteren zu erzählen. (Diese Filme sind, natürlich, aus kommerzieller Sicht meist die erfolgreicheren). Natürlich gibt es gescheiterte Versuche in die Richtung beider Extreme. Natürlich ist es wichtig, dass Filme den Weg zu einem Publikum finden. Natürlich darf ein Kino der Reduktion nicht selbstzufrieden auf sein Niederreissen der Konventionen zurückblicken und dabei vergessen, weiter voranzuschreiten. Ein lebendiges Kino Oszilliert permanent zwischen den verschiedensten Formen.
    Neueren „Autorenfilmern“, die sich, anknüpfend an eine Tradition, mit dem Kino als etwas Ganzheitlichem auseinandersetzen, eine Vormachtsstellung (und sei es nur auf Festivals) zu attestieren, halte ich jedoch für eine ausgesprochen hinterfragungswürdige These. Diese Filme (der Reduktion, der Konzentration) können meiner Meinung nach niemals Mainstream sein, da sie ja immer am Rande einer (Kino-)Kultur operieren und letztlich zur Reichhaltigkeit dieser Kultur beitragen.

    Und... es muss nicht jeder die Filme von Angela Schanelec mögen, das ist ja das schönste am Kino. Niemand ist gezwungen hinzugehen.

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  5. Hallo Ekkehard,

    dein erster Kommentar ist hier nicht angekommen. Ich verstehe das Argument der Monokultur, auch wenn ich glaube, dass die Filme, die du meinst, auch innerhalb der Festivalwelt nicht unbedingt Mainstream genannt werden können. Aber die, sagen wir, qualifizierte Minderheit ist sich inzwischen gelegentlich zu sicher, man spürt eine bestimmte Historisierung und sehnt sich nach neuen Brüchen. So geht es mir auch.

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  6. Wer will von uns schon Arthouse machen. Und trotzdem hat sich dieser Begriff so durchgesetzt. Die Verarthousung ist ja das langsame Ende von Handschriften. Interessant, dass Autoren wie die Dardennes von diesem Virus befallen sind-find ich. Aber es gibt ja noch die Bruno Dumonts, Brillante Mendozas, Claire Denis´...

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  7. Die „Berliner Schule” ist tot! Lange lebe die „Berliner Schule”!

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