11 August, 2008

Lourdes



Jessica Hausner (Bild), Regisseurin von LOVELY RITA und HOTEL, hat einen neuen Film gemacht: LOURDES, eine Dramödie zwischen heilig und profan, mit Sylvie Testud in der Rolle einer an den Rollstuhl Gefesselten, die in Lourdes mit einem Wunder zu kämpfen hat... Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir den Film zu sehen bekommen, aber zumindest scheint er gut im Schneideraum angekommen zu sein. Auf bald!

06 August, 2008

Das Rezept

In welche Richtung geht der deutsche Film? Mir scheint, es gibt eine neue Tendenz zur Fiktion, zum Genrekino und auch - Zitat Oskar Roehler - zum „entertainment value”, übrigens im Rahmen deutlich höherer Budgets. Wie das funktioniert? Oskar Roehler erklärt es uns:

„There is a crystal-clear recipe for success that simply works if you follow it: it's a question of good music, of wether people sing, if there's enough oomph and glamour about the movie.” (Zitat „Zoo Cinema Issue 08”):

Roehler jedenfalls hat das Rezept ausprobiert und man darf gespannt sein, wie „kristallklar” sein neuer Film LULU UND JIMI geworden ist. Erzählt wird (laut Verleihwerbung) „die Geschichte der unmöglichen Liebe zwischen der Fabrikantentochter Lulu und dem schwarzen Lebenskünstler Jimi im Deutschland der ausklingenden 50er Jahre”.



LULU UND JIMI (Jennifer Decker als Lulu, Ray Fearon als Jimi)

Auch Andreas Dresen, für Verächter der „de Sica aus Gera”, hat einen Schritt Richtung Movieland, oder, um im Bild zu bleiben, in Richtung Fellini gemacht. Sein neuer Film WHISKY MIT WODKA handelt dem Vernehmen nach „von einem berühmten Schauspieler (Hübchen), der wegen seines Alkoholkonsums zum Produktionsrisiko wird und deshalb einen jungen Kollegen zur Seite gestellt bekommt, mit dem zur Sicherheit alle Szenen ein zweites Mal gedreht werden”.



WHISKY MIT WODKA (Flickr-Albumfoto von Ole Werner)

Hans-Christian Schmid hat unterdessen gerade begonnen, seinen lange angekündigten Politthriller zu drehen, Arbeitstitel STURM, der in Thema (Kriegsverbrechertribunal Den Haag), Besetzung (Kerry Fox) und Budget (9 Millionen) ganz klar internationale Ambitionen hat.

Ausserdem demnächst im Angebot: Polit-Action (Uli Edels DER BAADER MEINHOF KOMPLEX, 20 Mio Euro), Polit-Thriller (Tom Tykwers THE INTERNATIONAL, 30 Mio Euro), Fantasy (Marco Kreuzpaintners KRABAT, 10 Mio Euro), Mystery (Anno Sauls DIE TÜR), Bestseller (Sönke Wortmanns DIE PÄPSTIN, 22 Mio Euro), "Literatur" (Heinrich Breloers DIE BUDDENBROOKS, 15 Mio Euro), Kriegsdrama (Max Färberböcks ANONYMA, 18 Mio Euro), Bergdrama 1 (Phillip Stölzls NORDWAND), Bergdrama 2 (Josef Vilsmeiers NAGA PARBAT, 7 Mio Euro), Bio-Pic 1 (Florian Gallenbergers JOHN RABE, 17 Mio Euro), Bio-Pic 2 (Kai Wessels HILDE, 9,5 Mio Euro) usw.



KRABAT (Christian Redl als Hexenmeister)

Völlig unabhängig von den Qualitäten dieser Filme (die ich nicht kenne) zeichnet sich damit eine Tendenz ab, die Martin Moszkowicz, Vorstand für den Bereich Produktion bei der Constantin Film AG, vor vielleicht zehn Jahren in einem Vortrag an der HFF München als Marschrichtung ausgegeben hatte: weniger, dafür deutlich teurere Filme hatte er sich gewünscht, ein klares Bekenntnis zur Unterhaltung - und den Abschied von Klein- und Kleinstfirmen im Produktionsbereich. 80 % der kleinen Produzenten würden in den nächsten fünf Jahren verschwinden, sagte er damals, und darauf freue er sich.

Ganz so ist es bisher nicht gekommen, und nicht zufällig kommen die interessantesten Filme des deutschen Kinos regelmässig aus eben jenen weggewünschten Kleinbetrieben. Diese Filme allerdings sind oft genug unterfinanziert, während viele der oben genannten Projekte über (für deutsche Verhältnisse) geradezu üppige Budgets verfügten - wovon ein beträchtlicher Teil in die Firmen fliesst, deren (legal) abzweigbare 'Unkosten' ja an das Budget gekoppelt sind. Das wäre alles gut und schön, wenn der Markt so frei wäre, wie die Rethorik Moszkowicz' es nahe legt. Aber da es fast ausschliesslich um öffentliche Mittel geht (und die EU ausdrücklich keine Wirtschaftssubventionen erlaubt) wird der Verteilungskampf zunehmend kulturpolitisch.

Welchen Film sollen / wollen wir uns leisten?

Ich weiss, es ist hässlich und anstössig, Filme mit- und gegeneinander zu verrechnen. Aber da weder Fördervolumen noch Sendermittel steigen, bedroht die Tendenz zum „Großfilm” die Vielfalt. Alle Filme von Christian Petzold zusammengenommen haben zum Beispiel soviel wie ein KRABAT gekostet (10 Millionen). Oder anders ausgedrückt: ein KRABAT hat - mindestens für die betreffende Fördersaison - acht andere Filme verhindert. Auch wenn der Film erfolgreich ist und Geld zurück bringt, hat er die Möglichkeiten der anderen extrem verengt. Was mich daran stört ist vor allem, dass es stillschweigend passiert und nicht eingebettet ist in eine Debatte darüber, welche Filme wir brauchen, sehen wollen, öffentlich fördern sollten.