15 Dezember, 2008

Georges Simeon:

"Rechts und links von ihm sass jemand, und überall waren Gesichterketten, die durch den Widerschein von der Leinwand halb aus dem Dunkel gehoben wurden. Es war warm. Eine Frauenstimme sagte mit verstärkter, übermenschlicher Stimme lange Sätze, und manchmal war zwischen den Worten ihr Atem zu hören, als streife er die Tausende von Zuschauern, während auf der Leinwand ein riesenhaftes Gesicht die Lippen bewegte."

Aus: Georges Simeon: Die Verlobung des Monsieur Hire, 1933 (Deutsch von Linde Birk 1978). Diogenes Verlag.

...als Anfang einer kleinen Serie über das Kino aus der Perspektive der Literatur. Beiträge sind willkommen.

7 Kommentare:

  1. Meines Wissens druckt der "Yorcker", das Jubelmagazin der Yorck-Kinogruppe in jeder Ausgabe auf seiner letzten Seite Kinobesuche und Kinoerinnerungen als Romanauszüge.
    Nicht neu also, die Idee, aber trotzdem sehr schön.

    AntwortenLöschen
  2. Danke für den Hinweis. Die Heftchen lese ich nie - aber meine mangelnde Originalität schreckt mich nicht. Was ich an dem Simeon-Zitat mag ist die Perspektive auf den Saal...

    AntwortenLöschen
  3. Eigentlich wollte ich eine andere Stelle zitieren - die hab ich aber nicht wieder gefunden/leider! Aber diese hier ist auch sehr schön, auch wenn sie nicht direkt mit Kino in Verbindung steht…

    "»Bitte, bitte«, antwortete Joachim wieder, und wahrscheinlich lächelte er ergeben dort oben im Dunklen. Aber der Hofrat gebot ihnen zu schweigen und keine Empfindsamkeiten zu tauschen. Er studierte die Flecke und Linien, das schwarze Gekräusel im inneren Brustraum, während auch sein Mitspäher nicht müde wurde, Joachims Grabesgestalt und Totenbein zu betrachten, dies kahle Gerüst und spindeldürre Memento. Andacht und Schrecken erfüllten ihn. »Jawohl, jawohl, ich sehe«, sagte er mehrmals. »Mein Gott, ich sehe!« Er hatte von einer Frau gehört, einer längst verstorbenen Verwandten von Tienappel'scher Seite, - sie sollte mit einer schweren Gabe ausgestattet oder geschlagen gewesen sein, die sie in Demut getragen und die darin bestanden hatte, daß Leute, die baldigst sterben sollten, ihren Augen als Gerippe erschienen waren. So sah nun Hans Castorp den guten Joachim, wenn auch mit Hilfe und auf Veranstaltung der physikalisch-optischen Wissenschaft, so daß es nichts zu bedeuten hatte und alles mit rechten Dingen zuging, zumal Joachims Zustimmung ausdrücklich eingezogen. Dennoch wandelte Verständnis ihn an für die Melancholie im Schicksal jener seherischen Tante. Heftig bewegt von dem , was er sah, oder eigentlich davon, daß er es sah, fühlte er sein Gemüt von geheimen Zweifeln gestachelt, ob es rechte Dinge seien, mit denen dies zugehe, Zweifeln an der Erlaubtheit seines Schauens im schütternden, knisternden Dunkel; und die zerrende Lust der Indeskretion mischte sich in seiner Brust mit Gefühlen der Rührung und Frömmigkeit."

    Die blöde Tante stört ein wenig, aber klammert man sie mal aus und konzentriert sich auf das "Seherlebniss" finde ich das eine wunderschöne Stelle in Manns ZAUBERBERG (Thomas Mann: Der Zauberberg, 1924).

    AntwortenLöschen
  4. (zu Simenon… seine Haushälterin soll nach Simenons eigener Darstellung seine Kleider am Morgen eines Tages gewogen haben und am Abend noch einmal, nur um zu messen wieviel Gewicht er durchs Schreiben den Tag über verloren hatte. Später stellten sie fest, dass die Kleidung um ein paar Kilo schwerer war also vorher. Simenon musste also während der Arbeit an seinen Manuskripten das entsprechende Gewicht in Form von Schweiß abgesondert haben. Mit dieser Fähigkeit zur unbedingten Konzentration erklärte er sich auch seine außergewöhnliche Produktivität.
    Ich bilde mir ein Bergman hat mal von einer ähnlichen Erfahrung berichtet)

    “(…)Nur in Eile gelingt es mir, sonst komme ich ins Wanken. Der Druck hält mich zusammen. Sonst falle ich auseinander und denke hin und her. der eine sagt dies, der andere das. In Eile muß ich nicht auf jeden Rat hören. Ich muß in Fahrt bleiben. (…)”
    (Hannes Böhringer, aus “Unbekümmert”, Lettre 81)

    AntwortenLöschen
  5. Guinness World Records am 20.12.2008 auf RTL:

    1. Wer schafft durch Einsatz seines Unterschenkels innerhalb einer vorgegebenen Zeit mehr Baseballschläger zu zertrümmern? Der klare Sieger hätte der Herausforderer sein müssen. Aber jener hatte soviel Bums, dass es physikalisch (also prinzipiell) nicht möglich war, alle getroffenen Baseballschläger zu zerbrechen, da die Verankerung bereits vorher nachgab.

    2. Gesetzwidrige Mundhabe der Rechten-Hand-Regel: Der Herausforderer musste die Mädels rückwärts abschreiten, da er im Gegensatz zum Vorgänger das linke Bein zu bedienen hatte.

    3. Gesetzwidrige Handhabe der Rechten-Hand-Regel: Die Herausforderin (die der Amtierenden so klar überlegen war, dass es kaum noch der Rede wert ist) musste sich von rechts nach links bewegen, während sich ihre Vorgängerin von links nach rechts bewegen durfte. Weil alle Kiefern zwangsläufig nach links fallen, musste die Herausforderin etliche Bäume beiseite räumen, bevor sie den nächsten Schlag tätigen konnte.

    4. David Garrets Hummelflug vs. Itzhak Perlmans Vortrag von Antonio Bazzini (La Ronde des Lutins, Op. 25). Stefan Raab sollte den smarten Burschen nochmals einladen, damit das Publikum entscheiden kann, wer von beiden schneller fiedeln kann!

    Unter uns: Dies ist ist der Grund, warum unsereins gern dabei zusieht, wenn andere Äpfel mit Birnen vergleichen wollen.


    Mit den besten Grüßen
    B.B.

    AntwortenLöschen
  6. gilt auch: popmusik/literatur (igitt) und kino, wie z.B. hier

    French Movie Theme (Smashing Pumpkins)

    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah.
    Bonjour!
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Bonjour!
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Bonjour!
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah,
    Yeah yeah yeah yeah yeah.

    fragt sich,

    Bill Kaiser

    AntwortenLöschen
  7. so berühmt es auch ist:
    "Im Kino gewesen. Geweint."
    20. November 1913; Franz Kafka: Tagebücher.
    so ontologisch ist es auch.

    AntwortenLöschen