22 Dezember, 2025

Meine Filme des Jahres 2025

Meine Filme des Jahres 2025. Weil es das Kino der Gegenwart dieses Jahr besonders schwer hatte, sich gegen die älteren Jahrgänge durchzusetzen, ist die Liste mit den Entdeckungen dreimal so lang.

Neue Filme:
A LETTER TO DAVID (Tom Shoval, Israel 2025)
ONE BATTLE AFTER ANOTHER (Paul Thomas Anderson, USA 2025)
REGEN FIEL AUF NICHTS NEUES (Steffen Goldkamp, D 2025)
SEX (Dag Johan Haugerud, Norwegen 2024)
HENRY FONDA FOR PRESIDENT (Alexander Horwath, Österreich 2024)
YES (Nadav Lapid, Israel 2025)
TARDES DE SOLEDAD (Albert Serra, Spanien 2024)
REFLECTION IN A DEAD DIAMOND (Hélène Cattet, Bruno Forzani, Frankreich/Belgien 2025)
MISERICORDIA (Alain Guiraudie, Frankreich 2024)
DAS DEUTSCHE VOLK ( Marcin Wierzchowski, D 2025)

Neu für mich entdeckt:
GENTLEMEN JIM (Raul Walsh, USA 1942)
THERE ONCE WAS A SINGING BLACKBIRD (Otar Iosseliani, Georgien 1970)
WAIT TILL THE SUN SHINES, NELLIE (Henry King, USA 1952)
THE LONG FAREWELL (Kira Muratova, UdSSR 1971)
TAKING OFF (Milos Forman, USA 1971)
WESTWARD THE WOMEN (William Wellman, USA 1951)
THE MAD FOX (Tumo Uchida, Japan 1962)
THE EXILE (Max Ophüls, USA 1947)
ANTOINE & ANTOINETTE (Jacques Becker, Frankreich 1947)
TWO CENTS WORTH OF HOPE (Renato Castellani, Italien 1952)

Encore:

UNCERTAIN GLORY (Raoul Walsh, USA 1944)
THE LONG GRAY LINE (John Ford, USA 1955)
NIGHT AND THE CITY (Jules Dassin, Großbritannien 1950)
THE KILLER IS LOOSE (Budd Boetticher, USA 1956)
RETOUR À SEOUL (Davy Chou, Frankreich 2022)
REMORQUES (Jean Grémillon, Frankreich 1941)
ARMORED CAR ROBBERY (Richard Fleischer, USA 1950)
EIGHTEEN YEARS IN PRISON (Tai Kato, Japan 1967)
PLAY DIRTY (André de Toth, USA 1969)
LE PARC (Damien Manivel, Frankreich 2016)

Encore Encore:

LAST TRAIN FROM GUN HILL (John Sturges, USA 1959)
SHAKEDOWN (Joseph Pevney, USA 1950)
THE STORE (Frederick Wiseman, USA 1983)
HEDGEHOG IN THE FOG (Yuri Norstein, UdSSR 1975)
THE OUTFIT (John Flynn, USA 1973)
3:10 TO YUMA (Delmer Daves, USA 1957)
THE TERMINATOR (James Cameron, USA 1984)
DEVI (Satyajit Ray, Indien 1960)
THE MAN WHO LAUGHS (Paul Leni, USA 1928)
HOBSON'S CHOICE (David Lean, Großbritannien 1954)


(Ich entschuldige mich für die inkonsequente Mischung aus Original- und englischsprachigen Titeln.)

16 Dezember, 2025

Jetzt?

Judy Garland singt „Mister Monotony”, ein Outtake aus EASTER PARADE (USA 1948).

Ich will mein Leben nicht ans Warten verschwenden, nicht alles auf eine Karte setzen, vorbereitet sein, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Auch deshalb entwickle ich parallel mehrere Projekte, mit verschiedenen Ko-Autoren und in unterschiedlichen Genres und Budgetklassen. 

„Inspiration gibt es,” soll Picasso gesagt haben, „aber sie muss dich bei der Arbeit finden.” Zwar macht die Übung nicht so zuverlässig zum Meister, wie man sich das manchmal wünscht, beinahe jede Filmografie ist eine Berg- und Talfahrt. Trotzdem ist Bewegung gut, und jedes neue Projekt könnte dasjenige sein, bei dem endlich alles zusammenkommt: Erfahrung, Inspiration, Zeitgeist.


In guten Filmen findet Gegenwart Form, kristallisiert sich im Schnittpunkt zweier Fragen: „Was ist wirklich?“, „Was ist möglich?“. Fritz Lang hat vom Film als „Zeitkristall” gesprochen, den wir in Gedanken drehen, wenden, befragen können. 


Das Kino ist nicht nur ein zeitgebundenes Medium, Timing ist der Schlüsselbegriff unserer Kunst. Jede Handlung muss sich zur richtigen Zeit, im richtigen Augenblick, in der richtigen Geschwindigkeit, innerhalb einer Einstellung, einer Szene, einer Sequenz, aber natürlich auch auf der Ebene der Verwirklichung und Veröffentlichung des Filmes selbst vollziehen. Wir alle haben im Ohr, ein Film wäre „zu früh” oder „zu spät” gekommen. Nichts ist schöner als den richtigen Film zur richtigen Zeit zu sehen.


Dieser letzte Punkt scheint sich besonders selten zu verwirklichen im deutschen Kino. Die vielteilige Finanzierung der meisten Projekte braucht Jahre, und die wirklich aktuellen Stoffe erledigen sich entweder im Prozess oder werden vorauseilend aussortiert. 


Nichts gegen „zeitlose Dramen”, aber dem Zeitgeist ganz zu entsagen ist ungesund. Je direkter der Zusammenhang aus Neugier und Experiment, desto besser. Die Zuschauer suchen zu Recht Antworten auf ihr Jetzt, wollen sich und den historischen Moment, den sie durchleben, erkennen. 


Von den Defiziten unseres Film-, Fernseh- Förderkomplexes scheint mir die erzwungene Langsamkeit das größte Problem.

03 Dezember, 2025

Revolver 53


Heft in Sicht: Ausgabe 53 geht dieser Tage in den Druck und enthält Beiträge von/mit Mehmet Akif Büyükatalay, Istvan Gyöngyösi, Oliver Schmitz, Kristina Konrad, Leo Geisler, King Ampaw und Hartmut Bitomsky (†).

Das Interview mit Oliver Schmitz geht auf das Revolver Live!-Gespräch zurück, das ich Anfang Juni geführt habe.

Danke, Claus!

Claus Löser 2016. Foto: Liana Kryshevska.

In dem Flechtwerk, das wir Filmkultur nennen, finden nicht alle Weidenzweige die gleiche Beachtung. Manche sind prägend, aber bleiben weitgehend unsichtbar. Zu diesen „hintergründigen” Tätigkeiten gehört das Programmieren insbesondere der Kinos, die nicht auf blosse Aktualität ausgelegt sind. Neben den staatlich geförderten Berliner Flaggschiffen wie Arsenal und Zeughauskino gibt es nur eine Handvoll von Spielstätten, die über die Jahre ein originelles Programm gemacht und das Filmmenü der Hauptstadt verlässlich bereichert haben. Das Kino in der Brotfabrik gehört unbedingt dazu. Das ist ganz wesentlich Claus Lösers Verdienst. Er hat 35 Jahre lang, seit 1990 und noch vor Währungsunion und Wiedervereinigung, das Filmprogramm dort verantwortet. Insbesondere seine Expertise und Kontakte Richtung Osteuropa haben immer wieder zu aufregenden Reihen und ungewöhnlichen Gästen geführt – mit der heutigen (3.12.2025) Vorstellung von KUNSTKAMERA im Rahmen der Retrospektive Jan Švankmajer schliesst sich ein Kreis, der mit dem von Löser besorgten deutschen Verleih von Švankmajers ALICE (1988) begonnen hatte – was aber nicht heißen soll, dass andere Spielarten des Kinos in der Brotfabrik zu kurz gekommen wären. Allein der kleine Ausschnitt an Filmen, die ich dort gesehen habe – von Kenneth Anger über Benjamin Christensen und Radu Jude zu Konrad Wolf und Straub/ Huillet – deutet die Vielfalt an. Nun hört Claus auf und kehrt zurück zu seinen dichterischen Anfängen. Vielen Dank, lieber Claus, für deine tolle Kinoarbeit, und alles Gute für das Weitere!