18 August, 2024

Letterboxing


Seit kurzem bin ich – auf Anregung meiner Tochter – auf einem weiteren Social Media Kanal:
Letterboxd. Filmlisten. Sehtagebücher. Empfehlungen. 

Kommen meine Filme dort auch vor? Nun ja. Ich bereue die Frage gleich wieder. Sie kommen meistens nicht gut weg oder ernten nur ein Kopfschütteln. Langweilig. Umständlich. Enttäuschend. Müsste man ein Fazit aus den Reaktionen ziehen, würde es lauten: „Hör endlich auf, Filme zu machen.” (Hier eine schöne Ausnahme)

All die Liebe, die in diesen Filmen steckt, die Details, für die ich gekämpft habe, der Regieeinfall hier, die glückliche Fügung dort: nicht genug. Klar, man kann es nicht allen recht machen. Gleichzeitig hat das Publikum immer recht. Nur: wie kann man sich einerseits nicht entmutigen lassen, ohne, andererseits, ganz unempfänglich zu werden für die Kritik „normaler” Leute?

Das habe ich mich oft auch in Bezug auf berühmte Kollegen gefragt. Denn so mancher igelt sich nach einer Phase der Offenheit ein, umgibt sich mit Ja-Sagern, hat kein Ohr mehr für Kritik, verrennt sich. Wie oft habe ich mir gedacht: warum sagt ihr/ihm das keiner?

So gesehen ist es vielleicht doch wertvoll, sich mit Gegenstimmen auseinanderzusetzen – man muss es nur zu dosieren wissen. Ich weiß ja, mein Platz ist zwischen den Stühlen. Aber (auch) ich will doch nur, dass ihr mich liebt!

Wofür die App gut ist: den filmischen Raum zu ermessen, der einen geprägt hat. Das Feld der Filme abzustecken, die im Gedächtnis geblieben sind. Was mir aufgefallen ist beim „Loggen“ (so nennt sich das Markieren gesehener Filme): wie schrecklich limitiert mein filmischer Horizont ist. Wie dominant Hollywood ist. Und wie viele Filme ich vergessen habe.

Es gibt viele Stufen verblassender Erinnerung, merke ich. Einmal gibt es die Filme, die einen festen Platz in meinem Pantheon haben, Referenzpunkte sind. Dann Filme, von denen man Bruchstücke erinnert. Filme, von denen man nur noch weiß, dass man sie gesehen hat. Filme, von denen man nicht mehr sicher weiß, ob man sie gesehen hat (...das sind erstaunlich viele). Filme, von denen man weiß, dass man sie damals sehen wollte. Filme, von denen man gehört hat, aber nicht mehr weiß, warum.

In der Gesamtschau erscheint die Filmgeschichte als ein einziges Hauen und Stechen gegen das Vergessen. 
Nichts gegen die Flüchtigkeit von Filmerlebnissen - aber natürlich stellt sich die Frage, ob die Mittelware mehr als den Boden bildet, über den sich die anderen, „bemerkenswerten“, Filme erheben können. Und so albern mir die unique selling points bestimmter Konzeptfilme oft erschienen waren, sie haben sich überdurchschnittlich häufig festgesetzt in der Erinnerung. Spricht das für diese Filme? 


Meine Liste der Filme, die „immer wieder zurückkommen”, findet sich übrigens hier – auf 250 „essentielle” Filme zusammengedampft dort. Für mich prägende Gangsterfilme habe ich (aus Anlass meines jüngsten Films LA MORT VIENDRA) hier versammelt. Und der Referenzraum für DIE LÜGEN DER SIEGER, Filme über Journalismus, ist dort abgelegt.

1 Kommentar:

  1. Christian Dzubiel22 August, 2024 00:55

    Schön, deine Gedanken zum Kino nun auch bei Letterboxd lesen zu können. Das habe ich hier auf deinem Blog vor einigen Jahren auch gerne gemacht… bevor sich meine Aufmerksamkeit verlagerte. Nun brachte mich ein Freund und Filmkollege darauf, das du hier weiterhin schreibst. Habe außer deinem Dreileben-Drittel nie einen weiteren Film von dir gesehen. Wird Zeit nun. :) Danke!

    AntwortenLöschen