18 August, 2024

Alain Delon (1935-2024)


Alain Delon ist tot. Ein ganz zentraler Schauspieler für mich, der mit Luchino Visconti, Michelangelo Antonioni (oben, im Bild bei der Arbeit an L‘ECLISSE), Jean-Pierre Melville und Joseph Losey mit vier der wichtigsten Regisseure seiner Zeit gearbeitet hat, die auch in meinem persönlichen Pantheon ganz weit oben stehen. Über seine erste Zusammenarbeit mit Losey, MR KLEIN, (für die Delon auch als Produzent fungiert hat) habe ich geschrieben: 

„Wie spielt Delon diesen Klein? Wir kennen ihn aus LE SAMOURAÏ, LE CERCLE ROUGE, aus ROCCO und IL GATTOPARDO, aus L’ECLISSE und PLEIN SOLEIL raubtierhaft beweglich, in seiner Virilität opak, auf immer ein Fremder, undurchdringlich, grausam, schön. Losey kippt diese Balance aus Kraft und Kälte und lässt die Figur ganz leerlaufen, eine Hülle auf der Suche nach einem Kern, so dass Delon uns und die Figur sich selbst unheimlich wird. Ein leeres Zentrum, ein Untoter, ein politischer Zombie, der seine Unmenschlichkeit erst bemerkt, wenn sie sich gegen ihn selbst wendet.“

Er sah so gut aus, dass er als Schauspieler immer wieder unterschätzt wurde. In Wirklichkeit braucht es viel Talent und Intelligenz, der Kamera so zu gefallen und doch den Widerstand nie aufzugeben. Nie war er in seinem Spiel gefällig, nie hat er sich auf sein Aussehen verlassen. Er war ein Abglanz der Götter, aber immer war da auch der Schmerz eines gefallenen Engels, voller Traurigkeit über die Vergeblichkeit irdischen Seins. 

Quecksilbrig, gefährlich, anziehend, aber kaum je vertrauenswürdig war er in seinen Rollen. Diese Ambivalenz wurde mit den Jahren noch vertieft durch sein privates und politisches Irrlichtern, mit dem die Filme dann irgendwann nicht mehr Schritt halten konnten. Trotzdem wusste er auch spät noch zu überraschen, etwa in Godards NOUVELLE VAGUE, vielleicht der letzten großen Prüfung durch einen Meister des Kinos, der er sich ausgesetzt hat.

In Cannes 2010 bin ich Delon einmal begegnet; er war wie ich zu Gast bei einem der offiziellen Dinners. Und ja, ich habe mir ein Herz gefasst und mit ihm gesprochen, über seine Lehrmeister Visconti und Melville und natürlich darüber, dass ich ihn gerne aus dem Rentnerleben locken würde. Er war sehr charmant, meinte, er warte auf das richtige Drehbuch, ich vermute, der Satz stammte aus seinem Standardrepertoire. 

Vieles kam dazwischen, trotzdem, ich habe versucht mich zu beeilen, meinen neuen Film LA MORT VIENDRA, der gerade in Locarno Premiere hatte, hatten Ulrich Peltzer und ich ursprünglich für ihn geschrieben. Aber bis die Finanzierung dann in die Gänge kam, war es längst zu spät. Trotzdem war er mit seinem reduziertem, zeichenhaften Spiel ein Leitstern (nicht nur) für diesen Film. 

Danke für alles, und auf ein Wiedersehen im Kino!

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