Ich lese gerade die Tagebücher von Charles Brackett, bekannt vor allem als Tandem-Partner von Billy Wilder, mit dem er zum Beispiel „Ninotschka” (für Ernst Lubitsch) oder „Sunset Boulevard” (für Wilder) geschrieben hat, der aber natürlich auch vorher und nachher interessante Arbeiten vorzuweisen hat.
Die Tagebücher sind kurze, oft auch stark editierte Notizen, viele Namen tauchen auf, die heute Legende sind (von Dorothy Parker bis Marlene Dietrich, von David Selznick bis Irving Thalberg), Privates spielt keine Rolle (oder wurde vom Herausgeber entfernt), was die Lektüre manchmal etwas monoton geraten lässt.
William Holden und Nancy Olsen als Autorenteam in SUNSET BOULEVARD (1950). |
Interessant finde ich vor allem die Arbeitsweise im Studiosystem, die hier sehr plastisch wird. Permanent werden Geschichten erzählt: an Studiobossen oder Schauspielern oder Kollegen testen Brackett und Wilder Storyideen, immer wieder auch lesen sie (noch unfertige) Drehbücher vor, diskutieren in Storykonferenzen, fragen Lubitsch um Rat („wie immer hatte er Recht”), auch während des Drehs wird umgeschrieben, man reagiert auf Krisen, Besetzungsfehler, Testscreenings mit neuem Dialog, neuen Szenen. Dieser Prozess scheint mir viel flüssiger und selbstverständlicher zu sein, als das heute der Fall ist. Das oft beschworene „Genie” des Systems damals bestand womöglich genau in dieser Unendlichkeit der Erzählbewegung, die sich von Film zu Film fortsetzen konnte.
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