21 April, 2024

Im Rückspiegel


Wenn ein Film fertig ist, bin ich in Gedanken beim nächsten Projekt. Ich schaue nicht gerne zurück, will nichts bereuen, nicht zu viel darüber nachdenken, was man anders hätte machen sollen. Jeder Film hat ein Datum und zu jedem anderen Zeitpunkt hätte der Film anders ausgesehen: Dieses Mantra stellt den Zweifel still.

Ich sehe mir meine Filme nach Fertigstellung nicht wieder an, weil ich sie bis dahin hundertmal gesehen habe, während des Schnitts, im Sounddesign, in der Mischung. Aber vielleicht ja auch deshalb nicht, weil ich an eine Entwicklung glauben will. Die Illusion, man könnte von Film zu Film wie auf einer Stufenleiter gehen, höher, weiter, näher ans Licht, hilft mir am Morgen aufzustehen.


Als UNTER DIR DIE STADT zu Gast war bei „Frankfurt schaut einen Film” – acht Frankfurter Kinos zeigten den Film am 17. März 2024  – habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich hatte ihn seit seiner Premiere in Cannes 2010 nicht wiedergesehen.


Um gleich Farbe zu bekennen: es war schön. Weil der Film schön ist. So klar hatte ich das damals nicht erkennen können. Mein Blick war nicht mehr verstellt von den Plänen, dem Wissen um bestimmte Widerstände, den Phantomschmerzen in Bezug auf gestrichene Szenen. An diesem Vormittag endlich sah ich mehr als die Summe der Teile, und ich bin dankbar für diese Erfahrung.


Mich hat überrascht, wie ambitioniert die Erzählung ist – und wie vielen ihrer Ambitionen sie gerecht wird. Nein, natürlich nicht allen. Damals hatte ich enttäuscht geschrieben: „Jeder Film die Ruine seiner Ambition.” Aber so wie die Skizze oft mehr verspricht als das Gemälde …so ergänzen wir die Ruine zu einer größeren Vergangenheit gewissermaßen. 


Es ist nicht leicht, seinem jüngeren Ich ins Auge zu sehen, aber falls man dem Blick standhalten kann, erkennt man Unterschiede. Ich bin erschrocken über das Selbstvertrauen von damals. Womöglich bin ich heute empfindlicher für Einwände, für Wünsche eines Publikums? Vielleicht ist das Fell fünfzehn Jahre später nicht mehr so dick? Jedenfalls habe ich Lust bekommen, in den nächsten Filmen mehr zu wagen, im Sinne eines Kinos, das neu ist, namenlos, und gefährlich für den Status Quo.

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