11 Februar, 2024

Winzige Tropfen

Die Fotografie als Medium (und „Wunder“) ist vor lauter Erfolg beinahe unsichtbar geworden. Nach dem foto-chemischen ist inzwischen auch der foto-optische Prozeß technisch überholt. Kameras der nächsten Generation werden Bilder nicht mehr belichten, sondern anhand von Messdaten potentialistisch errechnen – sofern die „Fotos“ nicht gleich einem Prompt entspringen.

Besucherinnen einer Landwirtschaftsmesse in München, 1935 (1)

Beim Sichten der fotografischen Hinterlassenschaften meines Großvaters (1901-1983) ist mir neu bewusst geworden, was für eine „unnatürliche“ Sensation es war, Momente mit Hilfe lichtempfindlicher Substanzen „einzufrieren“. Besonders faszinieren mich dabei die Aufnahmen, deren Inhalte nicht eindeutig zu bestimmen sind. Nicht im Sinne einer Abstraktion der Bilder, sondern in Bezug auf ihre Erzähl- oder Belegabsichten.

Besucherinnen einer Landwirtschaftsmesse in München, 1935 (2)

Zum Beispiel diese, nun ja, Schnappschüsse vom Besuch einer Landwirtschaftsmesse in München, ca. 1935 (1 & 2). Oder das Bild einer Frau, die die Münchner Theresienstraße überquert, aus dem Jahr 1938 (3). Oder natürlich Porträts (4-7), mit mehr oder weniger willigen Objekten, darunter meine Großmutter (letztes Bild, frühe 1930er Jahre). Winzige Tropfen, als Proben dem unumkehrbaren Fluss der Zeit entnommen.
Frau überquert die Münchner Theresienstraße, Ecke Türkenstr.?, 1938 (3).
Mädchen in BDM-Uniform.
Eine Freundin der Familie, Weihnachten 1937.
Meine Großmutter Katharina, Anfang der 30er Jahre.

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