DER TOD WIRD KOMMEN wird am Mittwoch, den 2. Juli 2025 um 21.30 h den Open Air Kinosommer am Waschhaus (Schiffbauergasse 6, 14467 Potsdam) eröffnen. Ich begleite meinen Film und werde nach der Vorführung Rede und Antwort stehen. Gezeigt wird die deutsch synchronisierte Fassung.
05 Juni, 2025
04 Juni, 2025
Sieben Jahre alte Zukunftsmusik
![]() |
Liest uns die KI bald jeden Wunsch von den Lippen ab? |
2018 wurde ich gefragt *, „welche Rolle der Konsument in der Filmindustrie der Zukunft” einnehmen könnte. Meine Antwort ist – auch im Lichte der jüngsten technologischen Entwicklungen – gar nicht so schlecht gealtert, finde ich. Leider.
„Ich glaube es wird immer „geschlossene” Erzählungen geben, mit einer klaren Autorenschaft, aber daneben kann ich mir adaptive Modelle vorstellen, die aus großen individualisierten Datenströmen (über die z.B. Netflix, Youtube oder Facebook schon heute verfügen) und KI-gestützt eine Art anschmiegsame Unterhaltung schneidern – gewissermaßen auf den Konsumenten individuell abgestimmte Social Media Streams – möglicherweise in Echtzeit angepasst an bestimmte messbare Größen wie Augenbewegung, Herz- und Atemfrequenz.”
*) Der Fragebogen entstand im Rahmen des Masterseminars „Strategische Vorausschau in Theorie und Praxis“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.La Mort viendra @ SIFF
Mein Gangsterfilm LA MORT VIENDRA („Der Tod wird kommen”, 2024) wird auf dem Shanghai International Film Festival in der Reihe „Focus Germany” zu sehen sein, und zwar am 13.06. (@ Palace Cinema / Raffles City ChangNing, Hall 3), 16.06. (@ Baiyang Cinker Pictures Luxe), 17.06. (@ SFC Shangying Cinema / GuoHua, Hall Luxe) sowie am 21.06.2025 (@ CMG Convergent Media Cinema, House 4), jeweils um 20.40 h.
P.S.: Die Kinos sind alle ziemlich neu und für ihr Design ausgezeichnet – auf den verlinkten Seiten finden sich Bilder und Architekturdetails, Zeugnisse eines Kino-Baubooms, von dem wir hierzulande nur träumen können.
31 Mai, 2025
(Wieder-) Gesehen [26]
GENTLEMEN JIM (Raoul Walsh, USA 1942)
In der an Wundern reichen Filmografie Raoul Walshs ist dieser Boxfilm eine Klasse für sich. Errol Flynn spielt James „Jim" Corbett, einen „überirdisch” selbstbewussten Mann auf dem Weg nach oben. Das Erstaunliche ist: nichts kann ihn aufhalten, und der Film versucht erst gar nicht, die Steine und Steinchen auf seinem Weg zu dramatisieren. Es gibt keinen Konflikt im engeren Sinne, die Dramaturgie ist die einer Wunscherfüllungsmaschine und als solche unerhört vergnüglich. Warum gönnen wir ihm den Erfolg eigentlich? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Sicher, Flynn hat Charme für zwei, und sein Jim ist wirklich besser als die Konkurrenz – obwohl „Rückschläge” beim Boxen doch eigentlich zum Genre gehören. Ich glaube letztlich ist es der Flirt des Schauspielers mit den Zuschauern, der jeden Vorbehalt schmelzen lässt, Flynns Charisma scheint sich regelrecht von der Leinwand zu lösen, er meint uns, nicht seine Mitspieler: PURPLE ROSE OF CAIRO lässt grüßen. Jims love interest Viktoria (Alexis Smith) gibt ihm diesen Rabatt übrigens nicht – im Gegenteil steigert sich ihre Wut auf den Glückspilz immer weiter, sie will ihn scheitern sehen und macht das gewissermaßen zur Vorbedingung ihrer Liebe – weil sie erlebt, dass Frauen nichts geschenkt wird in dieser Welt, aber vielleicht auch aus Eifersucht auf uns Zuschauer. Allein: Jim scheitert nicht...
THERE ONCE WAS A SINGING BLACKBIRD (Otar Iosseliani, Georgien 1970)
Was ist gutes Timing? Die Frage stellt sich Gia (Gela Kandelaki) mit zunehmender Dringlichkeit; er ist Musiker, und kommt immer zu spät. Vorerst nicht zu spät für seinen Einsatz im Orchester, aber eben doch stets so knapp, dass andere für und mit ihm die Nerven verlieren, und das nicht nur im Konzerthaus. Ihm scheint das strenge Zeitmaß der Welt nicht einzuleuchten, alles ist leicht für ihn, leicht und vorläufig; wie eine Wolke zieht es ihn gerade dann weiter, wenn er versprochen hat zu bleiben. Iosseliani zeichnet sanft satirisch das wunderbar komische Porträt eines Mannes, der lange der Schwerkraft enthoben scheint, sich nicht entscheiden kann, das Leben ernst zu nehmen – bis es eines Tages eben doch zu spät ist.
WAIT TILL THE SUN SHINES, NELLIE (Henry King, USA 1952)
Das Porträt eines durchschnittlichen Mannes und die Geschichte einer Ehe, herausgefordert von Asymmetrien der Wahrnehmung: was Nellie (Jean Peters) als eine Kette verpasster Chancen erlebt, versteht Ben (David Wayne) als gelebte Bodenständigkeit. Sie fügt sich dem braven Schicksal lange, bis sie eines Tages erfährt, dass er ihr das volle Ausmaß seiner Ambitionslosigkeit bewusst vorenthalten hat. Empört vom Verrat an ihren Hoffnungen bäumt sie sich auf, um zu leben... aber auch tragische Ereignisse bringen Ben nicht dazu, sein Leben zu ändern, er bleibt als Provinzbarbier ewiger Zuschauer, einverstanden mit seiner Mittelmäßigkeit. Henry King sieht die Fehler seiner Hauptfigur, aber sein Blick ist milde, und es stimmt ja auch, dass die Menschen das Wollen überschätzen, und mit der Dauer schon das Über-Wasser-bleiben im Strom des Lebens als Leistung erscheint. Dem Film gelingt eine fein schattierte Zeichnung eines Lebensbogen, an dem wenig besonderes ist, und das auf eine so ergreifende Weise, dass mir Mitreisende (im Zug von Berlin nach München) während der Sichtung Taschentücher zuschoben. Ich habe sie gebraucht.
Lesenswert: Imogen Sara Smiths kluger Il Cinema Ritrovato-Bericht, der diesem Film eine längere Passage widmet.
DER HERR KARL (Erich Neuberg, Österreich 1961)
Ein Mann, ein Vorratskeller, ein Monolog: die Anordnung ist denkbar einfach, aber die Abrechnung mit dem „unpolitischen” Kleinbürgertum könnte schärfer nicht sein. Dieser „Herr Karl” ist bequem bis zur Verkommenheit, feige, rückgratlos, wendig im Umdeuten der eigenen Schwächen, denen er sich jederzeit ergibt. Helmut Qualtingers Genie besteht darin, aus dem abgefeimten Spießer ein Kunstwerk mimischer und moralischer Flexibilität zu machen. Man kann sich nicht sattsehen an diesem kleinen schwitzenden Mann, den „Radfahrer”, der nach oben buckelt und nach unten tritt, den Gelegenheitstäter, der sich zuverlässig als Opfer sieht. Ohne Leute wie ihn ist kein (faschistischer) Staat zu machen, und das weiß er. Auch als Beitrag zu der Frage, warum das antifaschistische „nie wieder” durchaus kein Selbstläufer ist, von erschreckender Aktualität.
EIGHTEEN YEARS OF PRISON (Tai Katō, Japan 1967)
Aufwühlend gewalttätig. In der Art, wie sich hier reale Konflikte und Widersprüche der Gesellschaft zu entladen scheinen, gewinnt er eine seltene Unmittelbarkeit. Das ist Kino: sichtbar machen, was in der Wirklichkeit vorhanden, aber noch ohne Form ist.
TARDES DE SOLEDAD (Albert Serra, Spanien 2024)
Bildnis eines professionellen Toreros, der im Angesicht des Todes – der Stiere, aber potentiell auch des eigenen – Posen der Verachtung zeigt, tänzerisch und maskenhaft. Ein leeres Zentrum, das auch und gerade in den Backstage-Szenen, davor, danach, nicht an Tiefe gewinnt, aber als Fläche ungemein faszinierend ist. Serra stellt Andrés Roca Reys Photogenie in den Mittelpunkt seines schönen, grausamen Films, der hunderte Stunden dokumentarischer Beobachtung zu nur einer Handvoll von Kämpfen verdichtet, in denen wir mit diesem Todbringer und seinen Helfern allein sind (denn das Publikum sehen wir nie). Es ist ein Sehen ohne Verstehen, ein Kino der Attraktion, auf das Serra aus ist, und darin liegt seine Qualität und vielleicht auch Begrenzung.
A LETTER TO DAVID (Tom Shoval, Israel 2025)
Ein filmischer „Brief” an einen geliebten Menschen, der bis heute Geisel der Hamas ist und zugleich ein Film über die Möglichkeiten des Kinos – als Medium der Vergegenwärtigung, der Anrufung, der menschlichen Verbindung. David Cunio war Darsteller in Shovals Debütfilm YOUTH, und hat dort zusammen mit seinem Zwillingsbruder Eitan ausgerechnet einen Entführer gespielt. Der Bruder ist den Häschern der Hamas zufällig entgangen, und sieht in jedem Spiegel den Abwesenden. Es sei ein Film auch über die „vampiristische Wirklichkeit, die an der Fiktion saugt” (wörtlich: „reality's capacity to vampirise fiction") schrieb die Kritikerin Cristina Álvarez López und trifft einen wichtigen Punkt: Jede Geschichte macht etwas denkbar, zeichnet Wirklichkeit nicht nur nach, sondern bahnt sie auch an. Indem wir David dabei zusehen, die Szene einer Entführung einzuüben, können wir über das Menschenmögliche nachdenken, das was geschehen ist und das, was vielleicht noch geschehen wird. Tom Shovals Blick der Liebe traut dem Kino viel zu, und meidet gerade deshalb jede Politisierung: auf dass ein Mensch sichtbar wird.
HENRY FONDA FOR PRESIDENT (Alexander Horwath, Österreich 2024)
26 Mai, 2025
Marcel Ophüls (1927-2025)
19 Mai, 2025
Revolver Live! (63): Oliver Schmitz – Zwischen Kapstadt und Berlin
Ich freue mich sehr, am Montag, den 2. Juni 2025 um 20 h im Roten Salon der Volksbühne nach langer Zeit wieder ein Revolver Live! zu machen.
Zu Gast ist der deutsch-südafrikanische Regisseur Oliver Schmitz (u.a. MAPANTSULA, 1988, TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER, ab 2005, DOCTOR’S DIARY, ab 2006, LIFE ABOVE ALL / GELIEBTES LEBEN, 2010, SHEPHERDS AND BUTCHERS / IM TODESTRAKT, 2016), mit dem ich über seine filmischen Anfänge in der Anti-Apartheid-Bewegung sprechen möchte, über seinen Balanceakt zwischen Festivalerfolgen und Fernsehkomödien und darüber, warum das deutsche Kino die Gräben zwischen den Lagern überwinden muss.
MONTAG, 02.06.2025, 20 UHR @ ROTER SALON (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, D-10178 Berlin). Tickets via Volksbühne oder an der Abendkasse.
P.S.: In der seit kurzem wieder geöffneten KINO & BAR in der Königstadt (Straßburger Straße 55, Gewerbehof Königstadt, gleich am U-Bhf Senefelder Platz) gibt es vom 6. bis 8.06. und vom 11. bis 15.06.2025 eine Werkschau mit Filmen von Oliver Schmitz. Details unter www.kino-bar.berlin
Oliver Schmitz, geboren 1960 in Kapstadt, ist ein deutsch-südafrikanischer Regisseur, der in Berlin lebt und in der Kino- und Fernsehwelt gleichermaßen zu Hause ist – als Regisseur, Autor und Produzent.
Sein außergewöhnlicher Debütfilm MAPANTSULA wurde 1987/88 als einer der ersten regimekritischen Spielfilme in den Apartheid-Jahren in Südafrika realisiert, mit Hilfe eines „doppelten” Drehbuchs und klandestiner Methoden. Im Jahr 2023 wurde der Film restauriert und u.a. in der Reihe Berlinale Classics der Berliner Filmfestspiele erfolgreich wiederaufgeführt.
Hauptdarsteller und Ko-Autor Thomas Mogotlane in MAPANTSULA (1988). |
Schmitz hat fünf Kinofilme gedreht, von denen vier in der offiziellen Auswahl in Cannes gezeigt wurden. Die meisten Filme behandeln südafrikanische Themen, darunter LIFE ABOVE ALL (GELIEBTES LEBEN/ LE SECRET DE CHANDA), der es auf die Oscar-Shortlist für den besten ausländischen Film schaffte (2010), den Preis der Jury beim Internationalen Filmfestival in Dubai (2010) und den Francois-Chalais-Preis in Cannes gewann. 2006 hat Schmitz an dem Pariser Omnibusfilm PARIS JE T’AIME (PLACE DES FETES) mitgewirkt, zusammen mit den Coen-Brüdern, Gus van Sant, Tom Tykwer, Alexander Payne u.a. SHEPHERDS AND BUTCHERS (2016) mit Steve Coogan und Andrea Riseborough wurde auf der Berlinale 2016 uraufgeführt, wo er einen Publikumspreis und bei den South African Film and Television Awards den Preis für die beste Regie gewann.
LIFE, ABOVE ALL (2010) |
Schmitz war und ist auch im Fernsehen sehr aktiv; er führte unter anderem Regie bei den preisgekrönten Comedy-Serien TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER und DOCTOR’S DIARY, die jeweils als Beste Serie beim Deutschen Fernsehpreis, beim Deutschen Comedypreis und mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet wurden. Er führte Regie bei den ersten Folgen der ZDF-Primetime-Comedyserie DAS PUBERTIER und beim Pilotfilm zur beliebten RTL-Serie SANKT MAIK (nominiert für den Deutschen Comedypreis).
Der legendäre Roger Ebert verlieh ihm einen Golden Thumb für den (schon erwähnten) Oscar-Shortlist-Film GELIEBTES LEBEN (2010), der Kritiker Rainer Tittelbach bezeichnete Schmitz als „Comedy King” für seine Beiträge zum Genre der Komödie in Deutschland – so vielfältig ist seine Arbeit.
Schmitz hat in Südafrika Kunst studiert, war DJ und hat einen bekannten Club in Kapstadt mitbetrieben, der Wege gefunden hat, die staatlich erzwungene Rassendiskriminierung zu unterlaufen. Er lebt seit fast 25 Jahren mit Familie in Berlin und verleiht auch nebenbei Arthouse Kino nach Südafrika.
Filme (Auswahl): MAPANTSULA (1988), THE PEOPLE’S POET (Dok., 1988), JO’BURG STORIES (Dok., 1997), HIJACK STORIES (2000), TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER (TV, 24 Folgen, ab 2005), PARIS JE T’AIME (Episode: PLACE DES FÊTES, 2006), ARME MILLIONÄRE (TV, 3 Folgen, ab 2006), DOCTOR’S DAIRY (TV, 4 Folgen, ab 2006), LIFE, ABOVE ALL / GELIEBTES LEBEN (2010), SHEPHERDS AND BUTCHERS / IM TODESTRAKT (2016), DAS PUBERTIER (TV, 3 Folgen, 2017), SANKT MAIK (TV, 2 Folgen, 2018).
17 Mai, 2025
Lange Nacht: Federico Fellini – Träume fürs Kino
![]() |
Plakatmotiv für AMARCORD (1973). |
12 Mai, 2025
Von nun an ging's bergab
Als O’Connor fünf Jahre alt war, brachte sie einem Huhn bei, rückwärts zu gehen. Dadurch lernte sie zum ersten Mal kennen, wie es ist, berühmt zu sein. Die Leute von Pathé News verwendeten ihre dressierten Hühner für den Film „Little Mary O’Connor“ und zeigten den Film im ganzen Land. Sie sagte: „Das war das Spannendste, was mir je passiert ist. Seitdem ging es nur noch bergab.“
Aus dem Wikipedia-Artikel über die US-amerikanische Schriftstellerin Flannery O'Connor. Hier gibt es den (oder zumindest einen) Pathé-Kurzfilm über O'Connor und ihr Huhn.
12 April, 2025
Stuttgart & Frankfurt
![]() |
Sophie Verbeeck, Elsa Rauchs |
Am Montag, den 14.04.2025 um 19.30 h wird LA MORT VIENDRA („Der Tod wird kommen”) als Vorpremiere in Stuttgart zu sehen sein, und zwar im Rahmen der schönen Reihe „Cinema Futuro” in den Innenstadtkinos Stuttgart. Ich reise an und werde mit Sebastian Selig und dem Publikum über den Film sprechen.
Am Mittwoch, den 23.04.2025 um 19 h nehme ich an einem „Genregipfel“ teil – zusammen mit Severin Fiala, Linus de Paoli, Markus Keuschnigg. Moderation: Mariam Michael. Anlass ist der Kongress Zukunft Deutscher Film, den das Lichter Filmfest Frankfurt International auch dieses Jahr wieder ausrichtet.
Einen Tag später, am Donnerstag, den 24.04.2025 um 20.15 h feiert LA MORT VIENDRA dann seine Frankfurt-Premiere im Festivalzentrum / Elysee 1.
16 März, 2025
Autodämmerung
Zugegeben eine etwas schräge Perspektive, aber Autos sind eben nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern „Weltinnenräume“, in denen entscheidende Lebensmomente, vom ersten Kuss bis zum tränenreichen Abschied, stattfinden und geprägt werden. In Justine Triets ANATOMIE D’UNE CHUTE sagt Sandra Hüllers Figur einmal (frei nach Françoise Sagan): „Geld macht nicht glücklich, aber es ist schöner, in seinem Auto zu weinen als in der U-Bahn.” Bestimmte Designentscheidungen, Stichwort: Klappbare Sitze, haben die Art verändert, wie wir leben, lieben … und einkaufen. Autodesign ist Ausdruck einer Weltsicht und bis zu einem gewissen Grad auch „deutscher Lebensart“.
Filmemacher sind mit den Möglichkeiten dieser Räume besonders vertraut, denn Autos stellen einen attraktiven Widerspruch für das Kino dar: die möglichen Einstellungen sind extrem limitiert, aber innerhalb der Konvention werden kleine Unterschiede umso bedeutsamer, die räumlichen Zwänge sind dramatisch, auch weil Figuren nicht ohne weiteres anhalten oder aussteigen können, weshalb sich Autos als Orte der Angst und „Druckkammern der Gefühle“ (Christian Petzold) empfehlen, die Figuren sind gefesselt, aber werden bewegt – im Auto doppelt sich mithin die Disposition Kino, denn auch die Zuschauer tauschen Immobilität mit der Bewegung im „Fenster”.
Und obwohl ich selbst nicht Auto fahre und mein eigenes Leben nicht sehr „automobil” ist, und obwohl zumindest das traditionelle Drehen in Autos unbequem und unbefriedigend ist (zu eng, zu unflexibel, zu langsam, zu teuer etc), spielen Autos auch in meinen Filmen eine große Rolle. Zu meinem Vergnügen hier eine kleine Auswahl von Momenten auf Rädern:
![]() |
Das Taxi als Gefühls-Kapsel: Sarah Masuch in FIEBER (1999) |
Gefängnis oder Rettung? Sophie Conrad im Minibus in MILCHWALD (2003) |
![]() |
Berührt von der Hand des Staates: Constantin von Jascheroff versucht ein Lächeln im Polizeiauto in FALSCHER BEKENNER (2005) |
![]() |
Verpanzerte Gefühle: Robert Hunger-Bühler und Nicolette Krebitz lassen sich chauffieren in UNTER DIR DIE STADT (2010) |
![]() |
Container des Schicksals: Stefan Kurt im Gefangenentransporter in EINE MINUTE DUNKEL (2011) |
![]() |
Ein Dialog wird umkreist: Drehort Auto in DIE LÜGEN DER SIEGER (2014) |
![]() |
Küsse hinter Glas: Thea Ehre in BIS ANS ENDE DER NACHT (2023) |
![]() |
Das Auto als Ort forcierter Entscheidungen: Sophie Verbeeck und Marc Limpach in LA MORT VIENDRA (2024) |
08 März, 2025
Wunschkonzert
![]() |
Plakat für LES VAMPIRES (Louis Feuillade, F 1916) |
Neben eigenen Kinoträumen habe ich immer wieder auch Fantasien für Andere, stelle mir vor, sie müssten sich einmal diesem oder jenem Stoff widmen, mit einer ganz bestimmten Schauspielerin oder Kameraperson arbeiten; den einen Weg weitergehen und einen anderen aufgeben. Gelegentlich teile ich befreundeten Filmemacher*innen mit, was ich mir für sie vorstelle, und auch wenn die Bilanz meiner Suggestionen bescheiden ist, hören sie mir womöglich in der Hoffnung zu, sich in der Spiegelung zu erkennen.
02 März, 2025
Masaki Kobayashi
Die japanische Filmgeschichte ist wie ein dichter Wald. Einmal eingetreten ist es schwer, Überblick zu gewinnen. Mitunter stösst man unverhofft auf ein großes Werk und wundert sich, wie man es so lange hat übersehen können. So ist es mir mit den Filmen von Masaki Kobayashi (1916-1996) ergangen. Sie sind gewaltig, auch im Vergleich mit seinen im Westen berühmteren Kollegen.
![]() |
Masaki Kobayashi im Gespräch über KWAIDAN (1964). |
Masaki Kobayashi träumte „den Traum von Widerstand”, wie es Stephen Prince im Titel seiner Monografie formuliert; als Sozialist zur Hochzeit des japanischen Imperialismus, als Pazifist in der Armee, als Moralist im konfliktscheuen Nachkriegsjapan. Aber er träumte nicht nur, seine Filmpraxis war ein Akt des Ungehorsams. Als einer der wenigen hat er die Verbrechen der kaiserlichen japanischen Armee immer wieder thematisiert, trotz starken Gegenwinds. In allen seinen Filmen reflektiert er „Die Bedingungen des Menschseins“, in Gendai-geki (Gegenwartsfilmen) wie Ken-geki (Samurai-Filmen).
Er tut es nicht hitzköpfig oder pauschalisierend, sondern mit großer Genauigkeit und dem Wunsch, die Zwangslagen seiner Figuren in größtmöglicher Klarheit vor dem Zuschauer auszubreiten. Wir sollen urteilen können, mehr noch: wir sollen urteilen müssen, auch und gerade, wenn die Dilemmata unauflöslich scheinen. Mit Hannah Arendt könnte man über Kobayashis Filme sagen: niemand hat das Recht zu gehorchen, auch wir Zuschauer nicht.
Im Folgenden skizzenhaft ein paar Eindrücke von einigen seiner besten Filme (in chronologischer Reihenfolge):
I WILL BUY YOU (1956)
Ein „heißes” Baseballtalent und der Mentor, der ihn „gemacht” hat, werden belagert von einem halben Dutzend Talent-Scouts verschiedener konkurrierender Teams. Man überbietet sich gegenseitig mit Gefälligkeiten, unmoralischen Angeboten und geheimen Manövern. Es ist so viel Geld im Spiel, dass alles, was nicht Gold ist, korrodiert. Und was ist schon Gold im sozialen Raum? „Moderner Menschenhandel”, auf diese Formel bringt es die (Ex-) Freundin Fudeko (Keiko Kishi), die nicht mitansehen will, wie die Fliehkräfte des Geldes den Charakter ihres Freundes deformieren. Oder offenbaren sie ihn bloss? Kobayashi interessiert sich – wie Fudeko – nicht für den Sport, sondern dafür, wie sich hier kapitalistische Logik und menschliche Gier zur Kenntlichkeit entstellen. Ein besonderer Augenmerk liegt darauf, wie sich das Geld auf die „letzte Währung” auswirkt, ohne die alles Fiktion ist: Vertrauen. Der Sport-Scout Kishimoto (Keiji Sada), dessen Perspektive den Film bestimmt, sucht früh die Nähe zu dem Mentor des Spielers, Tamaki (Yûnosuke Itô), der allerdings ein Trickser und Täuscher vor dem Herrn ist, und über dessen Vergangenheit als Spion gemunkelt wird. Nichts scheint ihm heilig, auch seine Krankheit setzt er immer wieder strategisch ein, aber krank ist er wirklich. Im Laufe des Films entscheidet sich Kishimoto, und wir mit ihm, Tamaki trotz allem zu vertrauen. Vielleicht auch, weil die sich verschlimmernde Krankheit einen Ernst ins Spiel bringt, der nicht vorgesehen war. Dieses Vertrauen, das dem alten Fuchs beinahe ein religiöses Erlebnis beschert – Yûnosuke Itô spielt das ergreifend, dankbar (ich fühlte mich mehr als einmal an Michel Simon erinnert) – erweist sich letztlich als das einzig reale, das auch noch gilt, als die großen Pläne wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
BLACK RIVER (1957)
Im Schatten einer amerikanischen Kaserne kreuzen sich die Schicksale prekärer Existenzen. Die Besitzerin einer baufälligen Baracke schließt einen Pakt mit der lokalen Unterwelt, um ihre Mieter – von der Sexarbeiterin bis zum mittellosen Studenten – zu vertreiben; sie spekuliert auf eine Wertsteigerung des Grundstücks nach Abriss. Gleichzeitig zieht der Anführer der Gang gerade das Mädchen in den Dreck, auf das der Student zu hoffen wagt – mit brutaler sexueller Gewalt und schäbigen Tricks, die ihn zunächst als „Beschützer” erscheinen lassen. Nach und nach überwindet sie ihre Beschämung und der Wunsch nach Rache wird übermächtig – aber die Entladung, die schließlich nicht mehr aufzuhalten ist, bringt keine Befreiung. Die Art, wie hier die Widersprüche der japanischen Nachkriegsgesellschaft zur Aufführung kommen, hat mich an Imamura (1926-2006) und die Filme der japanischen neuen Welle erinnert. Kobayashi schreckt nicht davor zurück, das Hässliche und Gemeine zu filmen, aber man meint zu spüren, dass es ihn Überwindung kostet. Er zwingt sich dazu, weil er es für notwendig hält. Das unterscheidet ihn vielleicht von der jüngeren Generation, die in den neuen Ambivalenzen keine Anomalie, sondern eine zuvor verborgene Konstante erkennen.
Die Film-Trilogie THE HUMAN CONDITION (Deutscher Verleihtitel: „Barfuß durch die Hölle...”, 1959-61)
I
NO GREATER LOVE (1959)
Kaji (Tatsuya Nakadai), Protagonist der Trilogie, lernen wir als einen Mann voller Skrupel kennen, der seine humanistischen Ideale in einer Zeit verteidigen muss, die ganz entgegengesetzte Prioritäten setzt. Als vehementer Gegner des kolonialen Unterwerfungskriegs, den die kaiserliche japanische Armee in weiten Teilen Asiens führt, fürchtet er die baldige Einberufung. Der Auftrag seiner Firma, chinesische Zwangsarbeiter einer Mine zu beaufsichtigen, erscheint ihm deshalb zunächst als das kleinere Übel, zumal er seine frisch vermählte Frau mit in die japanisch besetzte Mandschurei nehmen kann. Dass das Erz, das dort gebrochen wird, wieder den Krieg nährt, ist nicht der letzte Widerspruch. Die Bedingungen der Zwangsarbeit sind horrend und Kajis Hoffnung, sie per Dekret verbessern zu können, erweist sich als vorschnell. Denn zwar ist er formal für die Arbeitsorganisation zuständig, aber die Schergen, die bisher mit äußerster Brutalität gegen jede Abweichung oder Minderleistung vorgegangen sind, fühlen sich von Kajis Ideen abgewertet. Entsprechend brachial ist ihr Widerstand. Nur Kajis Theorie, wonach eine Arbeiterschaft, die man menschlich behandelt, auch produktiver wäre – darüber hat er promoviert – sorgt dafür, dass die Spitze des Unternehmens ihn zunächst protegiert; die hohen Quoten sind mit Gewalt allein kaum zu erfüllen.
So gerät er in eine völlig hoffnungslose Lage: die wenigen Verbesserungen, die er erreichen kann, nutzen dem Krieg, den er ablehnt. Gleichzeitig kostet die Durchsetzung dieser „humanen” Maßnahmen Menschenleben, weil die Schinder auf Rache aus sind. Vollends unerreichbar werden seine Ideale, als die Armee halb verhungerte Kriegsgefangene schickt, die ebenfalls zur Arbeit gepresst werden sollen. Kaji muss einsehen, dass es in diesem falschen Leben kein richtiges Tun gibt, ja dass er, der Menschlichkeit bringen wollte, mitverantwortlich ist für diese Hölle der Sklavenarbeiter, die wie die Fliegen sterben. Am Ende ist es sein größtes Verdienst, die Widersprüche sichtbar gemacht zu haben. Weil an dieser Sichtbarkeit aber natürlich kein Interesse besteht, überstellt man ihn nun doch zum Militärdienst.
II
ROAD TO ETERNITY (1959)
Ironischerweise erweist sich Kaji trotz oder wegen seiner sozialistischen Ansichten, die ihn zunächst vor einer Beförderung bewahren, als guter Soldat. Seine Konstitution und Selbstbeherrschung erlauben es ihm nicht nur, dem Drill Folge zu leisten, sondern auch, Schwächeren zu helfen. Aber die Ausbilder sind nicht auf Ausgleich aus. Sie brauchen „Versager”, um die Gewalt abzuleiten. Die Armee zeigt Kobayashi als ein System der Erniedrigung und Entmenschlichung, das Feinde produziert, ganz nebensächlich, ob es sich um innere oder äußere handelt: Gewalt und „Verbrauch” sind ihr Selbstzweck. Als das lange Martyrium eines Rekruten, dem Kaji zu helfen bemüht war, schließlich im Selbstmord endet, versucht er unter Berufung auf die Dienstvorschriften eine Bestrafung des Verantwortlichen durchzusetzen. Wieder hat er ein Projekt gefunden, für das er bis ans Äußerste geht, und das doch unerreichbar bleibt: Gerechtigkeit, inmitten des Unrechts.
Eine so kluge, tief empfundene Generalabrechnung mit der eigenen Armee als einem System der Abrichtung und Zerstörung hätte es für die deutsche Wehrmacht auch geben müssen. Das deutsche Kino hat nicht nur damals nichts annähernd Vergleichbares hervorgebracht, sondern krankt bis heute an einer unterkomplexen Kriegserzählung – wobei es bestimmt kein Zufall war, dass man Bernhard Wicki für die deutsche Synchronregie gewonnen hat, denn sein Film DIE BRÜCKE ist vermutlich der beste deutsche Film zum Thema.
III
A SOLDIER'S PRAYER (1961)
Ein Gutteil des Filmes spielt in unbarmherziger Natur. Eine Gruppe versprengter Japaner, darunter auch die Soldaten um Kaji (Tatsuya Nakadai), die sich unverhofft hinter feindlichen Linien wiederfinden, versucht einen Urwald zu durchdringen, um auf der anderen Seite womöglich einen Weg zurück ins Mutterland zu finden. Bald schwinden Vorräte und Kräfte, Zweifel jeder Art nagen. Der Wald wird zu einer Vorhölle, in der Hunger und Täuschung, Verzweiflung und Grausamkeit lauern, ein beinahe mythischer Raum, der in einer betörend-sinnlichen Chiaroscuro-Photographie plastisch wird. Ein Häuflein überlebt und überwindet den Wald, nur um auf der anderen Seite in Kriegsgefangenschaft zu geraten. Jetzt ist es Kaji, den man zur Zwangsarbeit presst – und es sind dieselben japanischen Schinder, die nun als Aufseher ihrer eigenen Landsleute das Leben zur Hölle machen...
Im dritten und für mich stärksten Teil der Trilogie bekommt Kajis Kampf metaphysische Obertöne. In einer Szene versucht er sich zu rechtfertigen vor der russisch-kommunistischen Lagerleitung. Aber der Dolmetscher ist korrupt und übersetzt ihn absichtlich falsch, keine seiner sorgfältig gewählten Worte erreichen sein Gegenüber. Gerade weil ihm die Vergeblichkeit seines Kampfes in diesem Moment verborgen bleibt, hat sie mich ungemein berührt. Zusammengenommen ist diese Trilogie ein „schwarzer Monolith” nicht nur in Kobayashis Werk, sondern auch im Weltkino ohne Vergleich.
![]() |
Hans Hillmanns Plakat für den 3. Teil der Kriegstrilogie. |
---

THE INHERITANCE (1962)
Nach einer Krebsdiagnose entfesselt ein zunehmend haltloser, übergriffiger Machtmensch mit der Aussicht auf sein großes Erbe einen Sturm der Gier, der alle noch bestehenden Beziehungen herausfordert und schließlich hinwegfegt. Wie in I WILL BUY YOU geht es um Geld als Medium der Zerstörung, hier aber in einer viel bitteren Tonart und auch stilistisch extremer, Anschluss suchend an das Kino seiner Zeit, zwischen Jazz-Noir und existenzieller Moderne. Dass das Intrigenspiel etwas Forciertes hat, gehört zum Konzept; der Materialismus deformiert mit der japanischen Gesellschaft auch die Dramaturgie, denn: „Geld ist immer Blutgeld.” (C. Donovan)
HARAKIRI (Masaki Kobayashi, Japan 1962)
Eine komplexe Reflexion über Ehre und ihre Bedingungen. Kobayashi entlarvt die Arroganz der Tugendstolzen, die ihre eigenen Privilegien nicht reflektieren, die keinen Sinn dafür haben, dass man sich die „schöne” Ehre, die sie formstreng zelebrieren, leisten können muss; der Film ist als Prüfung angelegt, in der sich letztlich die noblesten der Samurai als Heuchler erweisen. Tsugumo Hanshirō, die Hauptfigur des Films, mit donnernder Empörung gespielt von Tatsuya Nakadai, ist Erzähler, Lehrer und Vollstrecker zugleich. Seine Kampfkunst, aber auch sein Sinn für Gerechtigkeit scheint vom Schmerz geschärft; es geht ihm nicht (mehr) um seine Person, sondern um das Beispiel.
Das Ergebnis ist ein Lehrstück, das sich nie didaktisch anfühlt; auch die Tatsache, dass der Film in der Vergangenheit spielt, nimmt ihm nichts von seiner Wucht, im Gegenteil akzeptiert man die Reduktion so als „gegeben”, während sie sich in einem Gegenwartssetting stärker thematisiert hätte. Über weite Strecken ist der Film statisch, spielt in geschlossenen Räumen, weshalb die dynamischen, großartig choreografierten Kampfszenen umso eindringlicher wirken. Ein Film, der aufs Ganze geht, wirklich versucht, Aussagen über das Leben zu treffen, ohne die Genre-Tropen als Ausreden gelten zu lassen. Ein Höhepunkt in Kobayashis Filmographie.
KWAIDAN (Masaki Kobayashi, Japan 1964)
Ein Studio-Japan, das die Künstlichkeit sucht. Jeder Himmel gemalt, jeder Grashalm gesetzt, jede Einstellung gebaut - die Sets wirken wie lebensgroße Dioramen. Kobayashi kommt so zu faszinierenden Tableaus, gegen die es die Handlung anfangs schwer hat – es braucht eine Weile, bis die Spielregeln etabliert sind. Von Episode zu Episode aber steigert sich die Intensität und insbesondere die letzten beiden („Die Geschichte vom ohrlosen Hōichi“, „In einer Schale Tee“) habe ich als Offenbarung empfunden.
Besonders gefällt mir, wie der Film über die „Brücke der Fiktion” geht, für übernatürliche Erzählungen ein besonders heikler Akt. Denn einerseits ist die Künstlichkeit, das Irreale Programm, andererseits zwingt uns Kobayashi nie größere Schritte auf, so dass wir uns einigermaßen überrascht auf der anderen Seite wiederfinden und die Welt der Geister schließlich nicht nur für denkbar, sondern für mindestens so real halten wie die beweisbare Welt.
SAMURAI REBELLION (Masaki Kobayashi, Japan 1967)
Ein Film über die Grenzen der Loyalität, und wozu man einen Menschen zwingen kann und darf. Der Fürst verstösst seine Konkubine Ichi (Yoko Tsukasa) und verlangt von einem seiner Untergebenen, dem Samurai Isaburo (Toshiro Mifune), sie mit seinem ältesten Sohn Yogoro (Go Kato) zu verheiraten. Das geht gegen Isaburos Ehre, aber er fügt sich – aus Mitleid mit der Frau und weil der Sohn seinen Widerstand nicht will. Unverhofft blüht in der Zwangsehe zwischen Ichi und Yogoro Liebe. Aber kaum ist dem Paar eine Tochter geboren, revidiert der Fürst seine Entscheidung. Weil sein direkter Nachkomme zu Tode gekommen ist, soll Ichi – die man zu Beginn von ihrem Sohn getrennt hatte – ihre neue Ehe annullieren und an den Hof zurückkehren, um ihre Mutterrolle wieder einzunehmen. Große Teile der Familie, darunter Isaburos Frau und sein jüngerer Sohn, drängen darauf, dem Fürsten auch dieses Mal nachzugeben. Aber das Paar und Isaburo weigern sich – und beschließen zu kämpfen.
Kobayashi erweist sich hier einmal mehr als großer Moralist. Er erzählt den komplexen Stoff über Willkür und Gerechtigkeit so zwingend, dass man sich mit den Figuren entscheiden, Haltung zeigen muss. Diese humanistische „Aktivierung” des Zuschauers begeistert mich; die Konflikte erscheinen trotz der fremden Formen der Vergangenheit als aktuelle Fragen.