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23 Mai, 2013

Spam

Wie so viele nutze ich (unter anderem) Yahoo für meine Mails und bin so gezwungen, täglich abzuwarten, bis sich die Startseite aufgebaut hat. Ich versuche dieser bunten Fassade keine Beachtung zu schenken, denn sie ist ohne Ausnahme dumm und vulgär, aber was mich doch erschreckt und überrascht ist die Monotonie ihrer sexistischen Perspektive. Ist das wirklich Mainstream?

Hier die Schlagzeilen eines (!) Tages in der Rubrik „Stars” (eine von vier „Nachrichten”-Rubriken):

„Ihr sexy Look kann davon nicht ablenken
Im heißen Overall zog _ die Blicke auf sich. Doch die Make-up-Panne war nicht zu übersehen.”

„Ihr Kleid betont es noch zusätzlich
_ Rücken erschien in ihrer nachtblauen Robe schon beinah besorgniserregend mager.”

„_ will nur im Boden versinken
_ reißt seine Frau _ ohne Vorwarnung in die Luft und sorgt für einen unübersehbaren Popo-Blitzer”

„Obenrum sieht sie ganz züchtig aus
Doch untenrum ließ _ bei den _ Awards schlichtweg ein Kleidungsstück weg.”

„Diese Rundungen sind passé
Wie dünn _ mittlerweile wirklich ist, offenbart ein aktuelles Bikini-Foto.”

„Kein Wunder, dass sie so komisch guckt
Auch eine Fashionista der Oberklasse wie Prinzessin _ greift manchmal daneben.”

„Sie hatte sich beinahe halbiert
Als _ am Flughafen nach einem Jahr seine Frau _ wiedersah, war er richtig baff.”

20 September, 2008

Himmel ohne Sterne

Es wird so gerne über „deutsche Stars” geschrieben in der letzten Zeit. Manchmal bin ich versucht, mitzusingen in diesem Chor, Stimmung zu machen für die tollen Schauspieler, die es hierzulande gibt. Im poetischen Überschwang kann man sie gerne Sterne nennen, für's Blumige bin ich zu haben. Aber fehlt nicht der Himmel, auf dem sie leuchten könnten? Und wäre das so schrecklich?

Günther Rohrbach, Produzent großer Wegsteine des deutschen Films, schrieb 1983 in seiner Polemik „Die verhängnisvolle Macht der Regisseure”: „Filme, das waren Wünsche, Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen, erlebt und erlebbar gemacht durch Menschen, die größer waren als man selber, schöner, reicher, die das Produkt von Träumen waren. Der klassische Kinostar war entrückt und überhöht, fern aller Wirklichkeit, ein Wesen von unirdischen Glanz, ein Stern am Himmel.” Dass der damals gerade in die Jahre kommende Neue Deutsche Film (kurz vor seiner politischen Demontage) solche „Entrücktheiten” nicht hervorgebracht hatte, bedauert Rohrbach in seinem Text ausführlich - und macht dafür die „verhätschelten” Regisseure verantwortlich.

Aber auch 25 Jahre später gibt es - trotz der Wiedergeburt des Proudzentenkinos - wenig „unirdischen Glanz” im deutschen Kino. Stattdessen sind die „Stars” ganz zutrauliche Leute, die hart daran arbeiten, als bodenständig zu gelten, sich mit „alten Kumpels” brüsten, denen sie angeblich die Treue halten und entsprechende Rollen spielen, nach dem Motto: das nette Mädel / der junge Mann von Nebenan. Ein Missverständnis, finde ich, in zwei Richtungen: Zum einen ist ein „Star” eben nicht zu haben ohne Distanz, Kontrolle, Macht. Welcher Schauspieler in Deutschland hätte die Macht, sein öffentliches Bild präzise zu formen, über viele Filme hinweg, und dieses Bild mit einem „zuverlässigen” Begehren des Publikums zu verbinden? Zum anderen wäre es - Star hin oder her - angebracht, in die sympathische Wohlfühlmelodie ein paar Dissonanzen zu bringen, dem Kino zu Liebe.

Was mir am meisten fehlt im deutschen Film, das ist Gefahr - nicht nur um Leib und Leben, sondern auch Gefahr für den Seelenfrieden, die geistige Gesundheit und die erschlafften Lenden. Das Kino, von dem ich träume, ist aufregend im ursprünglichsten Sinne des Wortes, scharf und genau. Ich will Filme sehen, die meine Wahrnehmung intensivieren, mein Denken verändern, meine Sicherheiten in Frage stellen. Die Stars alter Prägung haben letztlich nur in ihren Vehikeln funktioniert, wo sie ihre Leinwandpersona varieren, sich aber nicht entwickeln durften. Ich sehe lieber Schauspieler, die mich zur Aufmerksamkeit verführen, Menschenkenner, die Widersprüche nicht vertuschen, Grenzgänger, die keine Angst haben, die Gunst der Schwiegermutter zu verlieren... Kurzum: keine netten Nachbarn, keine Stars in Cellophan, sondern lebendige Menschen.